Wie genau? Ich nehme an, diese Filme triggern ein latentes Gen im Deutschen. Oder irgendwie so.
In seiner Artikelreihe "Das Dritte Reich im Selbstversuch" auf Telepolis hat sich Hans Schmid in bislang elf Teilen (Teil 1) erschöpfend mit diesem eigenartigen Denkkonstrukt auseinandergesetzt. Er bespricht dabei etliche Vorbehaltsfilme im Detail und kommt in den meisten Fällen zu dem unausweichlichen Schluß, daß ein Mensch, der von diesen Filmen zum Nazi "wird", schlicht schon vorher einer war.
Darüberhinaus zeigt Schmid aber auch auf, wie wirr, verquer und im Endeffekt sogar gefährlich diese Politik der ansonsten sehr verdienstvollen Murnau-Stiftung ist, wenn es sich um wirklich "gut" gemachte Propaganda handelt. Dies wird besonders deutlich am vielleicht perfidesten dieser Filme, Liebeneiners, Ich klage an (1941):
Die Murnau-Stiftung erwähnt in ihrer Inhaltsangabe die Nebenhandlung mit keinem Wort, was angesichts des sonstigen Umgangs dieser Institution mit den "Vorbehaltsfilmen" nicht überrascht. Ärgerlich ist es trotzdem. Wer einen Film wegen gefährlicher Nazi-Propaganda verbietet, sollte interessierten Nutzern der eigenen Website zumindest sagen können (und selber wissen), worin die Propaganda besteht.
Weil ich bei anderen Vorbehaltsfilmen den begründeten Verdacht hatte, dass es sich bei den Inhaltsangaben der Stiftung um Paraphrasen der Zusammenfassungen in alten Filmprogrammen handelt, habe ich mir den Illustrierten Film-Kurier zu Ich klage an besorgt. Und siehe da: Die Nebenhandlung kommt da ebenfalls nicht vor. Ilse Fürstenberg und Karl Dannemann - sie verkörpern die Protagonisten dieser Nebenhandlung - sind im Darstellerverzeichnis nur unter "Ferner wirkten mit" aufgelistet, ohne Rollennamen. Das war ganz im Sinne der Propaganda, zu der auch diese Filmprogramme gehörten. Die eigentliche Botschaft ist da buchstäblich im Kleingedruckten versteckt. Wenn die Murnau-Stiftung die aus propagandistischen Gründen vorgenommene Aussparung der Nebenhandlung reproduziert, stimmt etwas nicht.
Alles in allem eine hervorragende Artikelreihe, die auch nicht ohne Wirkung geblieben ist. So hat sich heute die WELT Online des Themas angenommen, und auch Hans-Georg Rodek kommt zu einem klaren Ergebnis (nachdem er vorher mit leichter Verblüffung konstatierte: "Kein Leni Riefenstahl-Film steht auf dieser Liste."):
Der große Rest bleibt weiter „unter Vorbehalt“, ohne dass irgendwo eine Begründung nachzulesen wäre – abgesehen von der pauschalen, sie seien propagandistisch, kriegsverherrlichend oder antisemitisch. Das verschafft diesen Filmen einen Nimbus, den sie – größtenteils – nicht verdienen.
Den ganzen Artikel gibt es hier auf WELT Online: "Wie viel Gift steckt noch in den 'Vorbehaltsfilmen'?"
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