Samstag, 21. Dezember 2013
Die Erzählung des Rangierleiters
Daß des 'n alde Waggong is, ka mer sehe. Der war schon im Kriech, des is klar. A Baujahr neinzähferzeh oder fuffzeh aus Breslau. Gute Waache. Hierherkomme isser, wardemal, da war ich noch Ronschierer, des war also im Sommer vierunzwansisch, August oder noch im Juli.
Midde in de Nacht kam de Zuch, mir wußte von nix, Fahrdienstleiter ah ned. Aber da war er. Was haast schon Zuch? A klä Loksche und der Waggong hinne dran. 'N Kerl war dabei, hattn Ausweis unserm Fahrdienstleiter gezeicht, und dann hieß es “entladebereit stellen, meine Herren.” Jo, des war de Hermanns, schwer in Ordnung, wenn ach a bissje 'n Studentekopp.
Mir des Ding also uffs elfer Gleis nibbber. Vier Mann ham des g'schobe, und als mer'n dribbe hatt'n, da hammer uns angeguckt. Wir hattens all g'spürt, da war was drin, des hot glebt. Un es hat mit uns gsproche. Aber ach net. Mehr im Kopp. Hat uns Sache verzählt wie.... nä, des sach ich ned, des missense ach ned wisse. Jedenfalls, gspürt hammers all.
Mir hen dan mitkrieht, wie e Ambulanz kam. Ich hab schon einisches an Dokters gsehe, und des warn kä. Des warn Soldate, unser, weiße Kittel hin oder her. Ich war acht Johr dabei, ich erkenn mei Kamerade. Und die hattn die Hose voll beim Umlade. Aber es is nix passiert. Ma hat ach ned sehe kenne, wasse do umgelade ham. Jedenfalls, die sin dann fort, und wir hatte de Waggong am Hals. Kei Folgeziel, nix. Auch de Lokführer war fort. Gut, a Lok kammer immer brauche, aber de Waggong, der mußt ja ausm Wech.
Mir also wieder hie, und dann streike die Kumpels. Und ich spürs auch. Des Ding dodrinne war wohl fort. Aber es Flüstern im Kopp, des hats dagelasse. Ich stand jedenfalls allähns am Gleis, fast vier Uhr moins, und muß des Scheißding wegschaffe.
Naja, de Dienstleider, de Hermanns, der hat dann geholfe. Der hat de Waggong angefaßt, is blaß worn und hat nur gsacht: “Zum Schrott mit dem Ding”. Mir hens dann angekuppelt und weggebracht. Ja, und do steht er heut noch, de Waggong. Und manchmal hehr ich von dahinne her a Flüstern.
Wie alle Gschichte hat ach die a End. Aber ich bin mer ned sicher, obs ihne gfalle werd. Nach Schicht simmer nach Haus. All. Und mir ham wochelang schlecht geträumt. Sehr schlecht. Der Hessemer Rudi mußt sogar für a paar Woche in die Anstalt nach Heidesim, weil er gar net mer gschlofe hat.
Der Hermanns aber ned. Der is nach Haus an dem Moind und hat sich in seim Schuppe uffgehängt. Keen Abschiedsbrief, aber in der Hand hat er Bild von seim Kleen gehabt, acht Jahr war der damals. Und hinne druff stand äh ähnzich Wort. “Niemals!”
Ich denk ich waas, was er geträumt hat. Mir all standen irschendwann kurz devor, uns n Strick zu drehe. Er hats gemacht. War vielleicht besser so.
(Aus Projekt Nachtigall)
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