Sonntag, 19. Februar 2023

Mein Kochboxen-Erlebnis

Über die Firefox-Startseite hat mich so ein Kochboxen-Anbieter mit Anzeigen über Wochen verfolgungsbetreut, bis sie mir schließlich Rabatte angeboten haben, die ich altes Sparbrötchen nicht ausschlagen konnte: 10 Portionen Essen für 20 Euro. Ja. Also hab ichs anfang November bestellt. 

Die Lieferung: 

Erfolgte via DPD, und das erste Mal in 15 Jahren hat der Saftladen unsere Adresse gefunden. Die Lebensmittel waren sorgfältig verpackt, die notwendigen Kühlelemente dürften auch ein paar Stunden Hochsommer durchstehen und sind recyclebar. Großes Plus. Was negativ auffällt: Extrem viel Verpackungsmüll, aber das hatte ich irgendwie auch erwartet. 

Warenqualität: 

Von sehr gut (Fleisch) bis teils arg ermüdet (Gemüse) zu zweifelhaft (Hackfleisch, dazu kommen wir noch). Dazu eine Unmenge an Kleinportionen vie Brühe, Honig (4g), Senf (10g), frischer Thymian (3g). Ich sage mal, deutsche Standardqualität, was oft leider nicht ausreichend ist (Senf, Honig). Insgesamt würde ich hier eine 3+ oder 2- vergeben. Das bei den Fleischprodukten keine Haltungsform erwähnt wird, finde ich sehr bedauerlich. 

Das Essen: 

Tja. Wie soll ichs beschreiben? Auf dem Papier klingts immer gut, aber die eigentlichen Rezepte sind... DANEBEN. Das ist wie Studentenküche vom Niveau her, aber gekocht von einer Lebensform, die keine Nahrung zu sich nimmt. Alles schmeckt immer... daneben. Dazu sind einige Kochanweisungen extrem zweifelhaft. 

Gehen wir ins Detail: 

Curry-Hackbällchen mit Spitzpaprika aus Jasminreis. Klingt lecker. Wars nicht. Das war Tag 1 und ich hatte beschlossen, nach Rezept zu kochen, um das wirklich auszutesten. Die Anweisugen, den Reis zu kochen, mußten in einer Katatstrophe enden, und erwartbar gab es eine undefinierbare, pappige Masse, die allenfalls schlechte Mensen als Reis aushändigen würden. Beim Hackfleisch bin ich schuld. Es ist so gut wie unmöglich, Hackfleisch mehr als einen Tag haltbar zu machen, ohne das Produkt zu versauen. Immerhin ist es dann nicht tödlich. Das hätte ich jedenfalls nicht bestellen dürfen. Der mitgelieferte Senf war Bautzner, das geht gar nicht. Getauscht gegen einen Dijon aus dem Kühlschrank. Das Endergebnis? Unterer Asia-Imbiß, der nicht weiß, wie man Reis kocht, und dem alle Gewürze ausgegangen sind. Zutaten ausreichen, Grundidee, befriedigend, Umsetzung ungenügend (REIS!).

Hähnchenkeule, Selleriestampf, Ofenkarotten, Balsamico-Sauce. Das hatten wir an Tag 2. Die gelieferten Hähnchenkeulen waren von erstklassiger Qualität, definitiv keine Stallpferchhähnchen, sondern kräftiges Muskelfleisch. Das Grundrezept ist SEHR gut, aber dann beginnen die Probleme. Die Balsamico-Sauce sollte mit Honig und Balsamicocreme (beides mitgeliefert) angefertigt werden - das wäre knallsüß geworden, nicht mein Ding. Ich hab meinen Honig, echten Balsamico und etwas Rotwein verwendet. War etwas besser. Der Stampf und die Karotten waren klasse. Das Hähnchen? Von der Qualität 1A. Es kam fertig mariniert in Kräutertunke. Diese ging prinzipiell in Ordnung abgesehen davon, daß sie Kerbel oder Liebstöckel reingepfuscht hatten. Kann man machen, aber dann läßt man den Knoblauch raus. Zutaten sehr gut, Grundidee sehr gut, Umsetzung Ausreichend. 

Schweinefilet, Honig-Thymian-Sauce, Buschbohnen, gebackene Süßkartoffelscheiben. Wir sind in Tag 3. Meine Hoffnungen hatten sich eingetrübt. Das Schwein optisch wieder von hoher Qualität. Die Sauce habe ich gleich zu Beginn wieder entsüßt (das wäre sonst Nachtisch geworden). Die Garzeit für die Buschbohnen war viel zu kurz, ich war sogar am Zweifeln, ob das für die Entgiftung der Bohnen reicht. Süßkartoffeln sind eine schäbige Entschuldigung für Leute, die zu faul sind, einen Kürbis zuzubereiten. Das Filet war sehr gut, die Sauce... hat nicht weiter gestört. Zutaten: Qualitativ gut. Grundidee gut. Umsetzung befriedigend. Ja, es war definitiv das Highlight und gab noch mal Hoffnung. 

Frische Eierspätzle mit Bacon in cremiger Kirschtomaten-Lauch-Sauce. Ich faß mich hier kurz: Das war Matsch, der in der Kantine einer holländischen Putzfirma für blutige Aufstände sorgen würde. Zutaten: Gut. Idee: WER IST DAFÜR VERANTWORTLICH?!. Umsetzung: Konsequent. 

Die Zutaten für Tag 5 - Sigara Börek mit Petersilien-Feta, Bulgursalat, Paprika und Joghurt-Dip habe ich in meiner eigenen Kocherei verbraten. Den fertigen Filoteig fürs Börek hab ich hier noch und wir werden nächste Woche einen Apfelstrudel backen. 

Fazit: 

Nö. Geschmacksscheues Essen, das teils in Technik und oder Würzung entgleist und zugeschnitten ist auf... das kochunbedarfte Mittelstandswesen, das Tellichberry für soooo scharf hält, daß man ihn nur in homöpathischen Dosen verwenden darf. Klassen über Convenience Food natürlich, weil man frisch kocht. Andererseits führen die Rezepte gerade Anfänger in drei von fünf Fällen hier aufs Glatteis (REIS!!.) 

Für 20 Euro habe ichs nicht bereut, es war... interessant, in die Kochboxen-Szene mal reinzuschnuppern. Voller Preis? Absurd. Ich koche günstiger und weitaus besser mit großteils regionalen Zutaten und sehr viel weniger Müll. Wers selbst probieren will, melde sich in den Kommentaren: Die haben mir irgendwelche 0-Euro-für-die-erste-Kochbox-Gutscheine mitgeliefert. Aus dem Bekanntenkreis bestand kein Interesse....

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