Donnerstag, 6. Dezember 2012

Railroade mich hart, Du Sauer

Okay, es ist eingetroffen. Ich wußte übrigens gar nicht, daß ichs bestellt hatte, aber das ist ein anderes Thema und soll ein ander Mal erzählt werden. Frank Sauers Modul Zug um Zug zum Rollenspiel Contact liegt vor mir, da hatte ich mich ja sehr drauf gefreut. Ich will hier ein paar Eindrücke geben, ohne zu spoilern. Meine sollten trotzdem aufhören, ab hier zu lesen, denn ich werde das verwursten.


Zunächst einmal: Natürlich wird hier auch gerailroadet, aber nie war es so angemessen wie hier. Die SC sind zunächst einmal Soldaten, denen gibt man klare Befehle. Einer der Gründe, warum sich Militärsettings so gut leiten - blöde Spieler eiern nicht um die Plothooks am Anfang herum. Und der beste Grund für RR überhaupt: Das ganze Ding spielt auf einem fahrenden Zug.

Außerdem gibt es keine "Storyentscheidungen" in dem Sinne zu treffen, so daß das dramaturgische Handwedeln hinter den Kulissen, außer an einer Stelle, nicht zuviel schlechten Beigeschmack hinterläßt. Leiten könnte man das auch ohne, mit allen üblen Konsequenzen, wenn die SC scheitern.

Der Stoff

Man verwurste Runaway Train, Aliens und X-Com und würze das Ganze kräftig mit der besten X-Files Doppelfolge aller Zeiten ab, nämlich Nisei / 731. Das ist eine scharf abgeschmeckte Mischung.

Sauer setzt den Stoff rasant um. Wie schon beim kostenlosen Probeabenteuer zeigt er sich dabei genresicher; die richtigen Herausforderungen treten auf, die Nebendarsteller sind präzise auf das Szenario ausgelegt, und das Ganze bewegt sich zügig auf schnellen Actionschienen vorwärts. Sauer schreibt angenehm lesbar, und wo er nicht über die zugrundeliegende Spielengine stolpert, da kann er sogar mitreißen und verrät seinen Spaß an der ganzen Weltverschwörung hinter dem Ganzen.

Umsetzung als Abenteuer

Es ist kurz. Ziemlich kurz. Sauer schreibt von einer "längeren Spielsitzung". Wenn ich das vorliegende Material mit einem schnellen System angehe, dann bin ich in drei Stunden durch. Es ist auch eigentlich kein komplettes Modul, sondern der Kulminationspunkt, ein elaboratiertes Finale einer verdammt guten Geschichte, die aber nur im Hintergrund leise schwingt.

Und das, obwohl immerhin 27 Seiten reiner Text vorliegen. Warum?

Antwort: Contact, das Rollenspiel. Sauer designt kompetent, aber jede verdammte Probe beispielsweise verlangt nach zum Teil fast spaltenlangen Beschreibungen der Auswirkungen verschiedener Erfolge. Alleine das zeigt an, das bei einer Verwendung des Moduls mit dem dafür vorgesehenen Spiel wahrscheinlich alle Rasanz flöten geht. Der Werteblock für einen sibirischen Tiger verursacht Ohrenbluten: Zwei Dutzend Werte + Spezifikationen. Für einen Mook!

Material

Uhrwerk liefert ein DIN-A4-Heft in schwarz-weiß. 27 Seiten Text mit ein paar vernachlässigbaren Illus werden ergänzt von vier Seiten Bodenplänen, solide, aber nicht aufregend. Das Ganze in Klammerbindung (HURRA) mit Pappumschlag, den ein schönes Cover ziert. Geht doch.

Der Preis von 10,95 hat mich aber dann doch daran erinnert, daß ich später noch in die Apotheke muß. Uhrwerks Preispolitik insgesamt legt nahe, daß die ihre Produkte irgendwo im Himalaya von tibetischen Jungfrauen binden lassen.

Fazit

Man kriegt für 11 Euro Spielmaterial für einen Abend Contact oder einen halben Abend Rollenspiel mit einem vernünftigen System. Sauers Material ist hervorragend aufgearbeitet und wird dem Genre gerecht, es liest sich gut, ist aber letztlich mit nicht viel mehr Substanz gefüllt als eine 6-seitige Savage Tale, ein schön ausgearbeitetes Setpiece, kein vollständiges Abenteuer, was nicht zuletzt am System liegt.

Für mich eine Kaufempfehlung, da es zum Genre sehr wenig gibt, ich das hervorragend gebrauchen kann, und es mir genau das liefert, womit ich mich schwer tue: Ein perfekt auf Action getrimmter Schauplatz mit einer Fülle an taktischen Optionen und plausiblen NSC. Alles was mir für ein vollständiges Modul des Genres fehlt, sind die Sachen, die ich selbst gut und auch gerne ausarbeite. Das Ding wird dann der geladene Höhepunkt einer längeren Story.


3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Klingt durchaus gut, ich glaube, das halte ich mal für DS-X im Hinterkopf.

Deep_Impact hat gesagt…

Jupp, mit einem schnelleren System könnte das richtig cool kommen! Muss ich mir unbedingt mal anschauen.

TheShadow hat gesagt…

Ja, für das Genre (Modern Miltary Action) könnte ich mir ein DS-Derivat vorstellen, das funktioniert sicher gut. Ich werds aber auf SaWo / American Nitemare ziehen.

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