Eure Lungen schmerzen, als ihr die bitterkalte Luft einatmet. Dichtes Schneetreiben läßt die Kharolis-Berge ringsum zu verschwommenen Schemen werden. Hinter euch liegt die böse Drachenarmee, vor euch sind fast 300 Familien, die ihr aus den Kerkern von Pax Tharkas befreit habt. Plötzlich steigen die Kriegsschreie der verfolgenden Drakonier in den grauen Himmel.
Jawoll. Es geht weiter mit der Sage der
Drachenlanze, Band 3, Dragons of Hope. Mit dem Text oben geht das
Modul recht direkt zur Sache, in medias res, wie der Faiseur zu
parlieren pflegt.
Das Modul ist in mehrlei Hinsicht etwas
besonderes. Zum einen trennen sich hier einstweilen die Wege von
Spielmaterial und literarischer Verarbeitung. Weiss & Hickman
umreißen die Ergebnisse von DL3 (und auch DL4) im Roman Dragons of
Autumn Twilight nur kurz. Sie haben dann später die Lücken in den
Lost Chronicles aufgearbeitet, aber ich empfehle SL, die sich an die
Dragonlance wagen, die Chronicles-Bücher gar nicht erst zu lesen
oder sie sich posthypnotisch aus dem Obergeschoss brennen zu lassen. Sorgt für entspannteres Leiten.
Zum anderen ist es für mich das
großartigste Modul der Reihe. Nicht das beste, wenn
man SL ist, aber das spannendste, ungewöhnlichste und
überraschendste.
Das Material
Eher bescheidene Karte |
Loser Umschlag, Heft mit 32 Seiten und
eine beiliegende großformatige Hexkarte der Lande von Abanasinia.
Der wichtigste Einzelschauplatz des Moduls ist die Festung Skullcap.
Eines von Hickmanns Markenzeichen sind räumlich ausgefuchste
Schauplätze, und Skullcap ist so einer. Leider fehlt eine
isometrische Karte dazu, weil „Diesel“ diesmal nicht an Bord ist.
Die Illustrationen (Keith Parkinson und Larry Elmore) sind solide,
aber nicht spektakulär, das Cover (Parkinson) weiß zu gefallen.
Zunächst findet sich eine Einleitung
mit einer Zusammenfassung der bisherigen Geschehnisse, der
mittlerweile bekannte Überblick über die Welt Krynn und die
berüchtigten SL-Tipps.
Die DRACHENLANZE erzählt eine Geschichte; Schurken und Helden gleichermaßen spielen in späteren Modulen eine wichtige Rolle. Sollte also ein wichtiger Charakter oder Schurke getötet werden, dann sorge für einen „obskuren Tod“. Ihre Leichname können nicht gefunden werden. Denk dir eine kreative Erklärung ihres „wundersamen“ Überlebens aus.
Nein. Danke. Abgesehen davon, daß das
in den meisten Fällen sowieso praktisch unmöglich sein dürfte; das macht den kleinen Jesus weinen. Wir wollen ohne
Beschiss auskommen und schauen am Ende dieser Besprechung, wie man
das umsetzen kann.
An diesen Unsinn schließt sich dann Gehaltvolleres an: Eine Darstellung des Flüchtlingstreks aus
Pax Tharkas, des gewählten Rates und der notwendigen Subsysteme zu
Kampf, Hunger und Erschöpfung der Massen. Dann folgt das eigentliche
Abenteuer (Seite 6 bis 27). Abgerundet wird das durch einige
Monsterbeschreibungen und Stat-Karten wichtiger SC.
So ab hier Spoiler. Und meine bleiben
am besten auch draußen.
Das Abenteuer
Die SC haben in Dragons of Flame fast
800 Flüchtlinge aus den Händen Feindes gerettet und stehen jetzt am
Nordrand der abweisenden Dergoth-Ebene. Vor ihnen liegen Wind, Schnee
und Hunger, hinter ihnen steht der Feind. Der Flüchtlingsrat
beschließt, die vergessenen Hallen des Zwergenreiches Thorbardin zu
suchen und dort um Aufnahme zu ersuchen. Ein langer, beschwerlicher
Weg steht bevor, und auf diesem Weg wartet auch Skullcap, die Festung
des verfluchten Fistandantilus...
Wie es sich spielt
Aufregend, großartig. Das Herzstück
ist ein Hexcrawl vom Norden der Ebene in den Süden. Allerdings ein
Hexcrawl, bei dem man sich um einen riesigen Flüchtlinsgtrek zu
kümmern hat. Der Rat der Flüchtlinge zieht die SC in politische und
religiöse Intrigen, und ein Spion des Drachen Highlords sitzt auch
noch drin. Als wäre das alles nicht genug, hängen einem bald noch
die Drakonier im Nacken, angeführt von Verminaard.
Wenn die Charaktere die Tore von Pax Tharkas in DL2 einstürzen ließen, benötigen die Drachenarmeen vier Tage, um über die Mauern zu kommen. Haben die Charaktere die in DL2 nicht einstürzen lassen, benötigen die Drachenarmeen zwei Tage, um eine Verfolgung zu organisieren.
Ab da sind sie uns auf den Fersen. Den
Helden geziemt, als Scout und Jäger zu agieren, und auch als Schutz.
Dabei stoßen sie auf freundliche Hügelzwerge, die ihnen Hinweise
auf die Lage von Thorbardin geben können. Wir erfahren Bruchstücke
des Geschichte des grausamen Zwergentor-Krieges und von
Fistandantilus, stoßen auf die Spuren des verschlossenen
Zwergenreichs und erreichen schließlich die verfluchte Feste
Skullcap.
Am Ende des Abenteuers haben wir den
Schlüssel zum Zwergenreich Thorbadin (und müssen es noch finden),
und die Flüchtlinge sind an einem (vorläufig) sicheren Platz, dem
Tal der Hoffnung.
Richig geleitet (und darin liegt die
Schwierigkeit) wird das, was plotseitig ein simples Scharniermodul
darstellt, zu einer Heldensage der verzweifelten Sorte. Hohe Einsätze
in Form vieler Unschuldiger, ein erbarmungslos nachdrängender Feind,
eine lebensfeindliche Umwelt und rätselhafte Spuren aus der
Vergangenheit. Unser SL ließ die Flüchtlinge auch nicht als graue
Masse agieren, sondern schob immer wieder Vignetten ein, die uns
einzelne näher brachten. Manche wuchsen uns ans Herz. Wir verloren
NSC-Freunde auf diesem erbarmungslosen Trek.
Als Spieler das beste DL-Modul, das ich
spielen durfte.
Wie es sich leitet
Jaaaaaaaa. Da beginnen die Probleme.
Ich habe es jetzt gelesen für diese Besprechung und muß sagen:
Stünde er nicht bei den Credits und wäre Skullcap nicht drin, würde
mir es im Traum nicht einfallen, daß das von Tracy Hickmann ist.
Seine Module platzen normalerweise vor kreativen Details, aber der
zentrale Hexcrawl in Dragons of Hope versprüht textliche Kargheit,
die dem SL einiges abverlangen wird. Vielleicht, weil Hickmann für dieses
Unterfangen einfach zu wenig Platz zur Verfügung stand. Jedenfalls
muß der SL in der Ebene einiges selbst ausarbeiten und Zusammenhänge
begreifen. Auch das Erstellen einer interessanteren Begegnungstabelle
läßt sich nicht umgehen. Der Hexcrawl selbst verwendet das bewährte
Format site-based Encounter mit time-based Encounter. Die meisten
Begegnungen weisen dabei Potential auf.
Ungünstig ist, daß DL3 mit DL4
Dragons of Desolation eigentlich ein großes Modul bildet, und man
DL4 unbedingt gelesen haben sollte, bevor man DL3 leitet. So spannend
es ist, zu beobachten, wie die Welt von den Entwicklern von Modul zu
Modul ausgestaltet wird, kann in DL3 die mangelnde Tiefe dem SL zum
Verhängnis werden. Erst die Infos zur zwergischen Kultur und
Geschichte im Nachfolgeband machen dieses Modul richtig
verständlich.
Railroading ist nur wenig vorhanden.
Klar, man muß a) von Pax Tharkas ins Tal der Hoffnung gelangen und
b) dabei Skullcap besuchen, aber a) ist nun einfach ein Abenteuerziel
wie jedes andere, und auf b) sollten die Helden bei den ganzen Informationen, die
gestreut werden, von ganz alleine heiß werden. Gescriptete Momente
sind vor allem im kleinen zu finden, bei einzelnen Begegnungen,
insbesondere bei Fizban.
Mein letzter Minuspunkt: Fizban. Ja,
ein nicht ganz unwichtiger Charakter, aber die Präsentation ist
sehr... anstrengend. Gewollt komisch funktioniert für mich nie.
Fazit
In den Händen eines guten SL, der
einiges an Vorarbeit hineinsteckt, ist DL3 Dragons of Hope
tatsächlich ein großartiges Abenteuer für Heldencharaktere. Es ist
hart, fordernd, quasi non-stop und die SC sind verantwortlich für
das Überleben Hunderter. Jeder Fehler, jedes Zaudern resultiert in
zivilen Verlusten, die die SC direkt erleben. Es ist viel Düsternis
in diesem Modul, und einiges erinnert ein wenig an die
Donner-Expedition. Umso größer Freude und Erleichterung, wenn man schließlich müde beobachtet, wie die Flüchtlinge in die vorläufige Sicherheit des Tals
wanken.
Positiv ist hervorzuheben, daß die
Subsysteme zur Verwaltung des Treks reibungslos funktionieren; hier
werden dem SL gute Werkzeuge zur Gestaltung in die Hand gegeben.
Aber in der vorliegenden Form ist
trotzdem viel Arbeit notwendig. Daher nur eine glatte Note 3.
Raus mit den Schienen
Da gibt es überraschend wenige. Einige
Kleinigkeiten in den Begegnungen mit Fizban. Das sollte sich
entschärfen lassen, in dem man die gescripteten Ereignisse als
Anregung nimmt und ihn ansonsten als gutmütigen Wahnsinnigen
flexibel spielt und den SC die Show läßt.
Einige NSC sollen auf alle Fälle nicht
sterben. Das dürfte problemlos möglich sein, es sind Anführer
der Flüchtlinge. Die muß man ja nicht unbedingt dem Gegner in den Weg
stellen.
Die Gruppe hat Verminaard bereits in
Teil 2 gekeult, daher kann er hier nicht mehr auftreten. Cool. Gute
Gruppe! Und es gibt eine einfache Lösung dafür: Dray-yan.
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