Donnerstag, 20. August 2020

Ja, warum eigentlich? Und wenn ja, wie?

„Naja, ich weiß nicht, warum man sich überhaupt die Mühe machen sollte, es umzubauen, anstatt es als Steinbruch zu nutzen.“

Das hinterließ mir Rorschachhamster unter der Besprechung von Dragons of Flame. Und das ist eine mehr als berechtigte Frage. Die Drachenlanze hat ihren Ruf als Eisenbahnfahrt stellenweise nicht ganz zu Unrecht. Ich hab lang über eine Antwort nachgedacht. 


Warum?

Weil die Drachenlanze von den klassischen Fantasy-Kampagnen – Pendragon, Enemy Within, Die sieben Gezeichneten, Drachenlanze, The Night Below, Griffin Mountain – die dichteste, spannendste, abwechslungsreichste ist, mit überraschenden Wendungen und vielen coolen Schauplätzen. Dabei trifft sie noch am ehesten die Balance zwischen Railroad und Beliebigkeit. Selbst moderne Kampagnen halten da nicht mit. Die Drachenlanze schlägt fast jeden Adventure Path, sämtliche 5E-Kampagnen außer Curse of Strahd. Die einzigen, die sie vielleicht schlagen, sind The Darkening of Mirkwood oder Sundered Skies.

Darum.

Ich habe eine besondere Stärke als SL: Komplexe, fordernde und auch emotionale Plots zu bauen, die frei erspielbar sind. Ich erkenne eine großartige Geschichte, wenn ich sie sehe. Das Ding ist eine Wucht durch das Zusammenspiel von Setting, Ereignissen und Schauplätzen. Die Summe ist mehr als seine Teile, und jedes Teil, das ich aus diesem Kontext nehme, wird schwächer.

Der Railroad ist dabei gar nicht so heftig, wenn wir das mit Borbarad, einigen APs (Shattered Star) oder auch Teilen von Enemy Within vergleichen (Shadows over Bögenhafen). Von Sachen wie Die unsichtbaren Herrscher (DSA) fang ich gar nicht erst an.

Man kann die Schienen außerdem relativ leicht rausreißen. Ich bin bei den Besprechungen zwar erst bei DL3, aber ich hab schon vorgelinst: Das Schlimmste haben wir mit Dragons of Flames hinter uns.


Wie?

Mit der richtigen Einstellung der Spieler. Sie müssen eine Story erspielen wollen. Innerhalb der einzelnen Module bewegen sie sich frei, aber die vorgegebenen Ziele des jeweiligen Moduls sollten sie akzeptieren. Dies ist eine Kampagne für Helden. Und Antihelden, also echte Antihelden, keine Gewohnheitsschläger oder Mörder-Hobos. Hartleibige Sandbox-Fanatiker und Plotverweigerer haben hier keinen Platz. Ich leite auch gerne solche Gruppen, aber hier sind sie Gift.

Mit eigenen Charakteren. Verwende nicht die vorgegebenen Charaktere. Die dienen nur dazu, künstlich „Charakter-Drama“ einzubauen, das einfach nur aufgesetzt daherkommt. Deine Spieler sollen eigene Charaktere bauen, und im dichten Zusammenspiel der SC mit der Welt werden sich ganz eigene Charakterdramen ergeben. Vor allem sei auf der Hut vor vorgefertigten SC, die eigentlich NSC-Aufgaben erfüllen – Elistan ist das abschreckendste Beispiel dafür.

Mit ohne Kender. Es gibt keine Kender als SC. Keinen einzigen Kender. Ich kann das nur wiederholen: Keinen einzigen Kender als SC. Solltest Du vermessen die RSP-Götter herausfordern und Kender als SC zulassen wollen: Mach Dir klar, was für eine Schneise der Verwüstung ein Kender schlagen kann und überlege, ob der Kenderspieler genug Sozialkompetenz aufweist, die Gruppe nicht zu sprengen. Alternativ: Ein Tapferer Waldläufer, Weißer Zauberer oder Solamnischer Ritter unterliegt dem Fluch, Kender anzuziehen und geht mit einer Kender-Gruppe in die Kampagne. Wird auf alle Fälle interessant.

Mit den Originalen. Es gibt mindestens drei Neuauflagen der originalen Module für verschiedene Inkarnationen von D&D. Spiel es mit den Originalen, die weisen eine klare Struktur und eine präzise Sprache auf. Alles andere ist danach schwammiger und verwaschener geworden. Bleib bei den Originalen.

Mit besserem Quellenmaterial. Wenn Du freier leiten willst, benötigst Du Settingmaterial. Für die Spieler kann es toll sein, sich ein Setting ohne vernünftige Infos zu erspielen, für einen SL ist das ein Alptraum, vor allem, wenn er gerade die Schienen aus den Modulen reißt und auf alles vorbereitet sein muß. Es gibt zur Drachenlanze einiges an Settingmaterial. Ich empfehle AD&D Dragonlance Adventures. Das ist ein Füllhorn an Informationen und Crunch von den ursprünglichen Schöpfern Hickmann und Weiss. Nachteil: Die Geographie wird nicht beschrieben, aber hier bieten die Module eigentlich genug Material. Ebenfalls gut ist das War of the Lance Settingbuch. Federführend von Margaret Weiss für D&D 3.5 entwickelt ist das eine perfekte Übersicht, aber eben für 3.5.-Regeln (und es kostet deutlich mehr). Auf alle Fälle zu meiden ist die fette Box Tales of The Lance, die zwar eine große Materialfülle für AD&D 2 anbietet, aber idiotische Retcons einführt, die später rückgängig gemacht wurden, weil sie keinen Sinn ergaben.

Mit dem Tagschattenblog. Joh. Ich werde jedes Modul besprechen und Tipps dazu geben, wie man die Schienen findet und entfernt.

Mit einem schnellen System. Das sind geschätzte 500 Stunden Großkampagne. Das will man sich nicht mit komplexen System mal nebenbei verdoppeln. Nimm originales D&D, also B/X, BEAM oder AD&D oder einen Klon wie Osric. Für sowas wurde das schließlich entwickelt. Ich kanns mir auch mit Savage Worlds vorstellen oder mit Destiny Dungeons oder Dungeonslayer. Die FATEisten könne damit auch sicherlich was anfangen (hier würde ich unter Umständen sogar die originalen Charaktere empfehlen).

Und jetzt überlege ich, wie ich eine halbwegs jungfräuliche Drachenlanze-Gruppe zusammenbekomme, um den Moloch über Roll 20 zu leiten.


5 Kommentare:

Boba von Tanelorn hat gesagt…

"Man kann die Schienen außerdem relativ leicht rausreißen.
...
Wie?
Mit der richtigen Einstellung der Spieler. Sie müssen eine Story erspielen wollen.
...
aber die vorgegebenen Ziele des jeweiligen Moduls sollten sie akzeptieren."
WTF?
Äh, nee! Sorry! Echt nicht.
Man schafft Railroading nicht ab, in dem man den Spielern sagt, dass sie es akzeptieren müssen. Damit etabliert man es nur.
Das Gegenteil von Railroading heisst Ergebnisoffenheit.

Besseres Quellenmaterial ist hingegen ein guter Tipp.
Wer ergebnisoffen spielleiten möchte, muss sich darauf vorbereiten, die abwegigen (als nicht dem im Kaufabenteuer vordefinierten Plot) Storyentwicklungen am Spieltisch gut performen zu können. Dazu gehört eine gute Standsicherheit in der Spielwelt.

Das schnelle System möchte ich mal in Frage stellen.
Ich würde zu einem vertrauten (geeignetem) System raten, in dem sich möglichst viele am Spieltisch wirklich gut auskennen.
Dann steht das System in vielen Fällen nicht im Weg und spontane Entwicklungen der Spielsituation erzeugen keine lange aus dem Flow herausreißende Unterbrechungen.
Ich würde aktuell D&D5 empfehlen. oD&D ist aber natürlich auch gut zu gebrauchen, wenn man es denn im Schrank stehen hat.

TheShadow hat gesagt…

„Das Gegenteil von Railroading heisst Ergebnisoffenheit.“

Korrekt, und daher ist das Vorgeben einer Mission eben KEIN RR, da das Stellen einer Aufgabe nicht impliziert ob und wie die SC Erfolg haben werden. Das Ergebnis ist also offen. Bestes Beispiel dafür ist the Caverns of Draconis. Harte Missionsstellung seitens des Moduls (Findet die Drachenhöhle und sichert euch den Hort), danach große Freiheit, die zu viel führen kann. Zum Beispiel zu Player-vs-Player-Konflikten und einer Verbrüderung mit dem mächtigen Draconis.

TheShadow hat gesagt…

Ach ja. D&D 5 ist sicherlich möglich. Es ginge auch Harp und vieles andere. Konnte halt nicht alle aufzählen.

Boba von Tanelorn hat gesagt…

...the Shadow...
...the SHADOW?...
...THE SHADOW!!!...
Damm da DAMM....

Muss mal wieder Gamers gucken...
Sorry für die erste recht harrsche Reaktion oben.
Was ich meinte war, dass das Rollenspiel eben auch weitergehen können muss, wenn die "Caverns of Draconis" Drachenhöhle nicht gefunden wird, gar nicht erst gesucht wird, weil die Spieler meinen die Charaktere hätten wichtigeres zu tun oder eben die Mission den Hort zu erbeuten ergebnislos verläuft.
Dann muss man sich eben überlegen, wie man weitermacht und ob man elegant zur Einstiegssituation des Folgeabenteuers kommt oder die Kampagne anders weiterspielt.

Kender als Spezies nicht zulassen - ich finde, dass sollte man in der Session 0 einfach besprechen. Da kann man als Spielleiter Befürchtungen äußern und auch sagen, welche Risiken das Ausspielen eines Kenders liefert.
Ich bin eigentlich erst einmal gegen Pauschalverbote.

TheShadow hat gesagt…

"Was ich meinte war, dass das Rollenspiel eben auch weitergehen können muss, wenn die "Caverns of Draconis" Drachenhöhle nicht gefunden wird, gar nicht erst gesucht wird, weil die Spieler meinen die Charaktere hätten wichtigeres zu tun oder eben die Mission den Hort zu erbeuten ergebnislos verläuft."

Genau das ist, was in den Caverns of Draconis passiert. Aber initial sind sie mit der Prämisse einverstanden - bis was anderes des Weges kommt.

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