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Dienstag, 21. März 2023

Cortexbombe oder Flammenwerfer

Made by Stable Diffusion
Stephan:
Ich schleich mich an ihn ran, bohr ihm das Cortexteil ins Genick und zünde. Das sollte genügen, ihm den Schädel zu zerblasen und mich sollte es allenfalls zusplittern.

Almut: Das ist ein Gargoyle. Der hat einen elektromagnetischen Sinn mit Radius 10 Metern. Der spürt, wenn Du an ihn ranwillst.

Stephan: Aber dann können wir ihn ja gar nicht unauffällig ausschalten.

Almut: Ja, halloooo? Was denkst Du, warum die den hier auf Wache gestellt haben?

Stephan: Grrrrmmmpff. (Pause). Ich schleich mich an und versuche, ah, mein elektromagnetisches Feld mit seinem zu verschmelzen.

Almut: Das klingt bekloppt.

Stephan. Jajaja. Ich schleiche los. (würfelt) Mit Heimlichkeit 15.

Spielleiter: Okay. Leise wisperst Du durch die Schatten. Was Dein „Verschmelzen“ betrifft: Wie hoch ist Dein PSI-Wert?

Stephan: Hum. 3 (von 12).

Spielleiter: Jaaaaaaaaaa. (spielt Dumb Ways To Die ein).

Stephan: (Pause) Ich kehre um und sage: „Planänderung. Wie siehts mit Mun für den Flammenwerfer aus?“

Almut: Sieben Ladungen.

Stephan: HE für das schwere MG?

Thorsten: Ich habe immer noch geile Diplomatie-Werte. Wollen wir mit dem Gargoyle nicht verhandeln?

Almut&Stephan: Schnauze!


Dumb Ways to Die rettet tatsächlich SC-Leben.

Donnerstag, 20. August 2020

Ja, warum eigentlich? Und wenn ja, wie?

„Naja, ich weiß nicht, warum man sich überhaupt die Mühe machen sollte, es umzubauen, anstatt es als Steinbruch zu nutzen.“

Das hinterließ mir Rorschachhamster unter der Besprechung von Dragons of Flame. Und das ist eine mehr als berechtigte Frage. Die Drachenlanze hat ihren Ruf als Eisenbahnfahrt stellenweise nicht ganz zu Unrecht. Ich hab lang über eine Antwort nachgedacht. 


Warum?

Weil die Drachenlanze von den klassischen Fantasy-Kampagnen – Pendragon, Enemy Within, Die sieben Gezeichneten, Drachenlanze, The Night Below, Griffin Mountain – die dichteste, spannendste, abwechslungsreichste ist, mit überraschenden Wendungen und vielen coolen Schauplätzen. Dabei trifft sie noch am ehesten die Balance zwischen Railroad und Beliebigkeit. Selbst moderne Kampagnen halten da nicht mit. Die Drachenlanze schlägt fast jeden Adventure Path, sämtliche 5E-Kampagnen außer Curse of Strahd. Die einzigen, die sie vielleicht schlagen, sind The Darkening of Mirkwood oder Sundered Skies.

Darum.

Ich habe eine besondere Stärke als SL: Komplexe, fordernde und auch emotionale Plots zu bauen, die frei erspielbar sind. Ich erkenne eine großartige Geschichte, wenn ich sie sehe. Das Ding ist eine Wucht durch das Zusammenspiel von Setting, Ereignissen und Schauplätzen. Die Summe ist mehr als seine Teile, und jedes Teil, das ich aus diesem Kontext nehme, wird schwächer.

Der Railroad ist dabei gar nicht so heftig, wenn wir das mit Borbarad, einigen APs (Shattered Star) oder auch Teilen von Enemy Within vergleichen (Shadows over Bögenhafen). Von Sachen wie Die unsichtbaren Herrscher (DSA) fang ich gar nicht erst an.

Man kann die Schienen außerdem relativ leicht rausreißen. Ich bin bei den Besprechungen zwar erst bei DL3, aber ich hab schon vorgelinst: Das Schlimmste haben wir mit Dragons of Flames hinter uns.

Mittwoch, 13. Juni 2018

Klavierspielen müßte man können.

Müßte man mal machen. Am Piano spielleiten. Jede Aktion, jedes Ereignis, jeden Dialog musikalisch kommentieren, mal Griegs Bergkönig grollen lassen, dann wieder voller Heiterkeit Debussy anhauchen, Holst nicht vergessen und sehr schön auf einem Flügel klingt auch die Nacht auf dem kahlen Berge.

Und wenn einer abkratzt, sich den Charakterbogen geben lassen, "I play you out" sagen und dann Spanish Flea in die Tasten hauen.

Müßte man mal machen. Hätte auch eine schöne Runde 2011 vervollkommnet.

Bei einem Hellfrost One-Shot in einer winterlichen Stadt geschahen auf der Feste während der Feierlichkeiten Morde à la Im Namen der Rose. Die SC waren wichtige Personen im Gefolge eines Jarls, der ebenfalls ermordet wurde (im Bade ersäuft). Der Täter war der, wie sich herausstellte, wahnsinnige Prinz, den man daher nicht einfach beschuldigen konnte, und der von seinem Onkel dazu manipuliert worden war (Thronfolgeintrige blah-blubb). Während eines Festbanketts führte die Gruppe ein Theaterstück auf, das die Geschehnisse nachstellte, den Prinzen in den offenen Zusammenbruch trieb (vorher war er sozial halbwegs funktional) und ihn auch den Onkel anklagen und mit dem Schwerte erschlagen ließ.

Hamlet / Eco-Crossover als Mischung aus Tragödie, Komödie und purem Slapstick. Das war von mir weder so geplant, noch forciert, das haben die ganz alleine gemacht.

Nebenhandlungen:
  1. Ein Wolfsvertrauter (NSC). Sein Besitzer konnte ihn verstehen, und er war der sarkastischste Chorus, den man sich vorstellen kann. (Ich konnte das Spiel meiner Spieler kommentieren aus permanenter In-Game-Perspektive).
  2. Zwei Waffenknechte aus dem Gefolge der SC, die sich ständig betranken und in Schwierigkeiten gerieten, die immer katastrophaler wurden (am Schluß brannte ein ganzer Straßenzug).
  3. Ein Burgwächter, der es während der Festwoche packte, mit Duellen, Selbstmorden und anderen Methoden zum Chef der Wache aufzusteigen. Jedes Mal, wenn die SC mit ihm zu tun hatten, war er befördert worden, weil der Vorgänger verstorben war.
Was gefehlt hat, war so eine Pianobegleitung. Jetzt nicht zwingend, aber bereichert hätte es alle Mal. Müßte man mal machen. Tja, und Klavierspielen müßte man können. Vielleicht bringe ich mir das dieses Jahr noch bei, mal schauen.

Mittwoch, 4. April 2018

Überraschungsgast

Ende des Monats startet die neue Kampagne Die schlafenden Götter, eine Endzeit-Fantasy-Post-Apokalypse mit schwerem SciFi-Einschlag. Charaktere bauen wir in der Woche zuvor zusammen, um ein gut eingestelltes Team zu erhalten.

Natürlich planen die meisten schon vor. Wir werden einen Schrotter haben, gut, wichtig. Ein Android gesellt sich bei und auch ein Revolvermann wird nicht fehlen. Von den beiden anderen habe ich noch keine konkreten Angaben.

In aller Regel möchte ich ein bißchen was von den SC wissen, die ich leiten soll. Am wenigsten mag ich dabei die "Hintergrundgeschichte" als Feedback. Da sind Ereignisse festgelegt und Dinge und anderes. Ich verfasse zwar welche für meine eigenen SC bei anderen SL, aber nur, weil ich weiß, daß sie auf ein Gedicht, ein abstraktes Gemälde oder eine Arie aus Händels Flavio mit Befremden reagieren würden.

Als Beispiel: Für meinen letzten richtig coolen Charakter, Sandùriel, den Heiler, gab es eigentlich folgendes Konzept: "Ein finster entstellter, elfischer Heilerpriester auf der Suche nach Rache"- Dazu hätte das Stück hier ausgereicht (und eine Beschreibung des Ordens). Aber ich bin auf Nummer Sicher gegangen und haben stattdessen über vier Seiten für den SL eine Hintergrundgeschichte ausformuliert, die natürlich sehr festlegend war. Ich will mich nicht beschweren, der SL hat alles vorbildlich integriert, aber ich bin nach wie vor am Zweifeln, ob er es noch besser hätte handhaben können, hätte ich ihm mehr Freiraum gelassen.

Aber egal. Mit der Kampagne war ich so oder so zufrieden.

Wenn ich leite, bevorzuge ich es eigentlich, wenn der Spieler mir ein Charakterkonzept übermittelt und etwas, das uns beiden ein Gefühl für den Charakter gibt, einen Song, einen Ausschnitt aus einer Symphonie, ein (gerne auch selbstgemaltes) Bild, ein Gedicht, einen Romanauszug und einige knappe Details zum Hintergrund. Wie gesagt, ein Gefühl, das beide Seiten nicht festlegt, im Gegensatz zu einem voll ausgearbeiteten Hintergrund. Die Details ergeben sich dann im Spiel.

Angefangen damit zu experimentieren habe ich Ende der 1980er. Damals habe ich für eine Grim'n'Gritty-Kampagne in Mittelerde für einen Waldelfen Rilkes "Panther" als Hinweis erhalten. Cool. Bei meiner ersten Shadowrun-Kampagne gab mir der Zwergen-Sam einen in Kunstblut getauchten Brotlaib und als Begleitsong Alien Sex Fiend- Do you Sleep at Night? Ja. Wir waren ein prätentiöser Haufen. Kunst Leistungskurs, Theater-AG und erste Jobs bei lokalen Zeitungen und lokalen Radiosendern. Gut für uns. Wer mit Sechzehn bis Zwanzig nicht prätentiös ist, bei dem ist eh Hopfen und Malz verloren.

Es gab noch andere wirklich schöne Charaktere, die auf diese Weise im Wechselspiel zwischen Spieler und Spielleiter geschaffen wurden. Ich hab dann gegen 1991 damit aufgehört, weil es wirklich sehr anstrengend wurde. Beiß mich immer noch dafür in den Arsch, aber Wasser unter der Brücke.

Für Die schlafenden Götter möchte ich das den Spielern wieder anbieten. Ich bin gespannt. Erstes Material habe ich schon. Der Gunslinger hat mir einen Song angeboten. "Eyes of a Dreamer". Nette Nummer zwischen Country, Folk und diesen mäandernden Hippie-Harmonien mit einem Text, der genau das richtige Maß an Kitsch erreicht, um im Rollenspiel wertvoll zu werden.
The moment, is ever constant in the mind
Everywhere I look the blind lead the blind
Here's your chance to step out of time
There ain't no reason and there ain't no rhyme
Ein bißchen verstört mich, daß der Song von Charles Manson ist, der ihn auch singt. Der sitzt jetzt also auch im Geiste mit an meinem Tisch. Aber keine schlechte Stimme, wirklich nicht.


Donnerstag, 30. November 2017

Nein, danke, isch möschte nischt meer.

Jopp. Als Schüler oder Student war das Termine finden fürs Rollenspiel leicht. Als Erwachsener mit rasch dahingleitendem Leben? Nicht so sehr.

Deswegen ist es immer toll, wenn dann der Termin festgeklopft werden kann, einmal im Monat ist schon ehrgeizig. Es erfordert, daß sich die Leute zusammenreißen. Und es ist alles andere als einfach.
Nicht so toll. Geburtstagsbrunch vom Bruder (gefühlt 1 x alle hundert Jahre) und der fängt um 10 an. Ich liebe gemütliche Brunchs und 3 Stunden sind schon etwas knapp für gemütlich. Aber zur Not.
Da ist ne Geburtstagsfeier von 'ner lieben Kollegin, aber ich kann vielleicht absagen. 
Ja. Das sind authentische Zitate. Das motiviert als SL, wenn man den Termin schließlich gebacken kriegt. Da hängt man sich rein, auch wenn man als SL gesagt hat, man habe eigentlich für die nächsten Monate keine Zeit, und muß dann doch einspringen. Was nicht motiviert in diesem Falle, ist das Nachspiel. Wenn der Spieler, der es nun gar nicht nötig zu haben scheint, in das hauseigene Terminboard zu schauen, nach mühsamer Terminfindung kurz mitteilt.
Ich verschwinde zwischendrin für ein paar Stunden auf den Weihnachtsmarkt, um mich mit ein paar Freunden zu treffen.
Nope. Du verschwindest nicht "für ein paar Stunden". Du verschwindest ganz oder gar nicht, ersteres auf Dauer, falls da Unklarheiten bestehen sollten. Ich habe keinen Bock mehr auf diese Sperenzien. Später kommen kann ich verstehen. Früher gehen auch noch. Mag ich beides nicht, kann aber passieren und wird bei der Terminfindung kommuniziert und dann möglichst vermieden (so man sich zur Teilhabe nicht zu fein ist). Aber zwischendrin gehen wollen (nicht müssen) und das mal im Nachgang in den Raum werfen?! Nein, danke, isch möschte nischt meer.

Hab ich wirklich nicht nötig.

Mittwoch, 28. Juni 2017

Und weg sind sie.

So I guess the next best thing I can do is take your precious cellphone...and smash it.
(Izaya Orihara)

Auch als Handies noch mit Ausziehantenne und zwo Kilo Gewicht ausgeliefert wurden, hatte ich schon was gegen die Dinger am Spieltisch (das war damals aber auch selten). Hat sich mit den Smartphones nicht geändert, abgesehen von Settings, in denen sie das Spiel bereichern können.

Allerdings habe ich nie ein Verbot, sondern stets nur die dringliche Bitte ausgesprochen, die Dinger abzuschalten (was zumeist auch befolgt wurde). Jetzt aber habe ich - via fefe - eine wissenschaftliche Grundlage, die Dinger nicht nur ausschalten, sondern gar nicht erst ins Spielzimmer zu lassen. Kurz gesagt: Smartphone im Zimmer macht den Nutzer dümmer.
Consistent with the behavioral and self-report results observed in experiment 1, the results of experiment 2 suggest that the mere presence of consumers’ own smartphones may adversely affect cognitive functioning even when consumers are not consciously attending to them. Experiment 2 also provides evidence that these cognitive costs are moderated by individual differences in dependence on these devices. Ironically, the more consumers depend on their smartphones, the more they seem to suffer from their presence—or, more optimistically, the more they may stand to benefit from their absence.
Et voilà. Thank you Science.

Freitag, 19. Mai 2017

Genre Savvy

Was gehört dazu, wenn man eine Kampagne vorbereitet? Richtig! Genre-Kenntnis. Bevor man sich an eine ernsthafte Kampagne macht, muß man die Regeln des Genres kennen, um sie sinnvoll zu befolgen oder brechen zu können. Dankenswerterweise hat uns Hollywood ja in mehr als hundert Jahren in allen Abenteuergenres gut mit ansehbarem Genrematerial ausgestattet.

Daher im Player:

  • Captain Blood
  • The Sea Hawk
  • The Crimson Pirate (Der Film, aus dem Pirates of the Caribbean wirklich alles geklaut hat)
  • Against All Flags
  • Cutthroat Island
  • Pirates of the Caribbean (da gibts nur einen Teil, oder?)

Ich stelle mich dieser harten Aufgabe (Botucal Reserva bereit stellend) im Bewußtsein (Pfeife stopfend), daß ich das für meine Spieler halt ertragen muß (das Salmagundi sollte jetzt auch gut durchgezogen sein). Ich bin ein netter SL.

Arrrrh.

Freitag, 7. April 2017

Spiel oder stirb!

Ausreichende Motivation
"Plothooks" sind der größte Blödsinn seit geschnitten Brot (ist am nächsten Morgen trocken wie ein Furz). Ich arbeite mich gerade mal wieder durch eine Großkampagne, und die halbe Seite "Plothooks", die das Designerteam anbietet, ist belangloses Blah-Blah. Am Stilbruch zum Rest des Textes merkt man auch, daß die das wissen.

Sie können ja auch gar nix anderes anbieten. Sie wissen ja nicht auf welche Spieler welcher Charaktere in welch spezifischer Konstellation ihr Text treffen wird. Der einzige, der einen vernünftigen Handlungshaken schmieden kann, ist der Spielleiter einer Gruppe.

Und wo wir gerade dabei sind: Die Spieler sollten eigentlich nur einen einzigen Handlungshaken benötigen: Ihr seid Rollenspieler, eure Charaktere sind per definitionem Abenteurer. Hier ist ein Abenteuer, go figure! Wer mehr braucht ("Was motiviert mich?"), sollte seine innere Einstellung nachjustieren und aufhören, abenteuerverweigernde Charaktere an den Tisch zu bringen.

Natürlich verpacke ich auch meine Aufhänger etwas attraktiver und aud die jeweilige Gruppe zugeschnitten, aber im Endeffekt nerven mich Verweigerer einfach nur an. Ich als Spielleiter hab mir die Scheißarbeit gemacht, etwas zu entwerfen oder mindestens vorzubereiten, und du erwartest jetzt auch noch, daß ich rumtanze. Gehts noch? Spiel oder stirb!

Donnerstag, 21. Juli 2016

"Stets Welten in anderen Welten." - Vom Kampagnen bauen Teil I

Sprich mir nach: Meine
Kampagne ist weder Film
noch Buch!
by anab.deviantart.com/
under CCL 3.0
In einem späteren Artikel gehe ich genauer auf die Gestaltung eines solchen Mikrokosmos ein und stelle ein System vor, mit dem sich so ein Setting schnell und einfach bauen läßt. (Klar spiel ich auch Nazis)
Dies ist der versprochene spätere Artikel, d.h. einer der späteren Artikel. Seit jeher bin ich der Meinung, daß der Schauplatz des Geschehens einen gleichwertigen Rang neben dem Geschehen um die Spielercharaktere einnimmt. Eine gute Kampagnenwelt – sei es ein Reich, ein Kontinent oder ein Dorf - lebt und lebt vor allem ganz ungeachtet der Spielercharaktere und ihrer Handlungen. Sie ist, sie war, sie wird sein.

"I'll make it up as I go along." - Indiana Jones

Ach ja - „schnell und einfach“ im obigen Zitat ist nicht ganz zutreffend. Hier geht es um ein zentrales Thema im RSP-Selberbau: Wie entwickele ich eine Kampagne von den ersten Ideen über Regel- und Settingbau hin zu spielbereiten Inhalten? Das Setting innerhalb einer Kampagne ist ein zentraler Bestandteil, wie gesagt vielleicht der wichtigste neben Mitspielern überhaupt. Aber es ist vollkommen wertlos ohne die Kampagne, der es dient.

In einer Artikelreihe möchte ich meine best practices, gewonnen aus harten, leidvollen Erfahrungen und unvermuteten Triumphen, vorstellen, mit denen ich Kampagnen baue. Das ist kein sonderlich geplanter Text. Ich überleg mir das alles unterwegs.

Donnerstag, 26. Mai 2016

Klar spiel ich auch Nazis oder Der Teufel von Kahlenfurt

Anläßlich der Neuerscheinung Nazi Moonbase von Veteran Graeme Davis gab es in der Rollenspielercommunity auf G+ eine - letztlich erwartbare - Diskussion. Zusammengefaßt ist das Thema "Nazi im Rollenspiel" immer noch eine Bouncing Betty.
Und was, wenn diese Spielergruppe mit ihrer Gruppe an SS-Offizieren in ihren tollen Uniformen "spannende Abenteuer" bei der Jagd nach flüchtigen Juden erleben möchte? Es ist doch "nur eine Rolle", "nur ein Spiel".
Ist das eine berechtigte  Sorge? Ich würde das nicht erleben wollen, aber ich traue meinen Freunden soweit, daß es nicht dazu kommt. Falls doch: In dem Falle haben entweder meine Spieler ganz andere Probleme, oder ich hätte meinen Con besser nicht in einem Kameradschaftsheim in der sächsischen Schweiz veranstalten sollen (oder in Rheinhessen). Wirklich, sollte eine Gruppe so entgleisen, nur weil mal die schicken Uniformen von Hugo Boss ins Spiel geraten, sollte man ein Gespräch über sehr grundlegende Dinge führen. (Diese Diskussion auf G+ greift noch weitere Aspekte auf und ist durchaus lesenswert.)

Wenn man sich etwas mehr mit dem Ansatz des "Serious Gaming" befaßt (was ich seit ca. 2001 tue), kann man das durchaus auch ironiefrei angehen. Voraussetzung ist natürlich, daß zumindest der SL mehr Ahnung von der Materie III. Reich hat als Grundkurs + Guido Knopp + Wikipedia.

Dieser "Serious"-Ansatz wird - ungeachtet der behandelten Thematik - nicht überall begrüßt, wie auch Kontroversen um ein Szenario für Nip'Ajin zum GRT 2016 zeigten. Eine Diskussion die ich im Zusammenhang mit dem GRT verstehe, aber die stellenweise generelle Ablehnung solcher Themen eben nicht. Mir widerstrebt es, eine so vielschichtige mediale Form wie das Rollenspiel alleine auf den Popcornaspekt zu begrenzen. Da ist man in anderen Spielmedien schon weiter.
Für eine erste Ehrung kommt Spec Ops: The Line , das neue Computerspiel von Yager Development aus Berlin , knapp zwei Monate zu spät. Ende April wurde der deutsche Computerspielpreis für das beste Game 2012 an einen Egoshooter vergeben. Die Entscheidung sollte weniger die kulturelle Bedeutung des Spiels hervorheben, als vielmehr ein Zeichen gegen politisch motivierte Bevormundung setzen. Computerspiele sind schließlich auch Erwachsenenunterhaltung. Und die darf durchaus auch mal heftiger ausfallen. 
Serious RSP ist ein "Spiel" für Erwachsene, die wissen, worauf sie sich einlassen. Also überfalle deine mittwochabendliche Bier & Bretzel-Gruppe nicht unbedingt mit einem Schwergewicht.

Im folgenden gebe ich einen Überblick über das Szenario Der Teufel von Kahlenfurt, an dem ich im Moment nebenbei arbeite. Nachdem, was ich gelesen habe, kann ich mir vorstellen, daß viele bei einem solchen Szenario Bauchschmerzen bekommen, und mich würde interessieren, warum.

Der Teufel von Kahlenfurt

Veranschlagte Spieldauer: 3 x 8 Stunden. (Ich bevorzuge lange Sitzungen bis 16 Stunden.)

Zeit: Winter 1938/39, ein halbes Jahr nach dem Anschluß Österreichs

Ort: Das Bergdorf Kahlenfurt. Es liegt abgelegen in Kärnten nahe der Grenze zu Slowenien im Königreich Jugoslawien und hat etwa 500 Einwohner plus ein Dutzend verstreut liegender Gehöfte.

Regelsystem: Agnostisch, aber eher nichts für Türstopper wie D20 Modern. Die Betonung des Szenarios liegt in den sozialen Konflikten, die möglichst frei und ohne Verregelung ("Social Combat") ausgespielt werden sollten. Risus fällt mir als geeignet ein, ich persönlich würde Savage Worlds Vanilla nehmen oder gar einen Hack meines OSR-Klons.

Ebenso möglich, aber wegen der Systeme eben mit ganz anderem spielerischen Schwerpunkt und anderer Struktur, wären ein Hack von Dogs in the Vinyard oder PbtA.

Die Charaktere: Die Spielercharaktere erhalten Funktionen innerhalb des Szenarios, können aber ansonsten frei gestaltet werden. Wichtig bei der Ausgestaltung ist, wie sie mit dem Nazi-Regime umgehen. Sind die SC opportunistische Gewinner? Lehnen Sie es ab? Falls sie das System mögen, welche Aspekte gefallen ihnen: Die völkisch-patriotische Schiene, die fürsorgende Wohlfühldiktatur oder der Rassismus? Im Bergdorf beheimatete SC müssen auch ihre Beziehungen dort festlegen und können in Absprache mit dem SL NSC einfügen oder bestehende beeinflussen.

Idealerweise nehmen drei SC an dem Szenario teil, aber bis zu fünf sind möglich. 1) Der Dorfgendarm seit zehn Jahren im Dorf, 2) der Kieberer aus Klagenfurt, 3) der Forensiker und Pathologe aus Klagenfurt, der mit dem Kieberer kommt. Optional sind 4) ein zweiter Dorfgendarm und 5) der Arzt des Dorfes, der initial die Funktion von #3 hatte und dann mit ihm zusammenarbeitet.

Die beiden letzten sollten auch bei drei Spielern eingeführt werden, da sie als Ersatz-SC dienen können. Physische, auch tödliche Gefahr für die SC ist ein sparsames, aber wichtiges Element, da dann auch die Spieler Entscheidungen für ihre Charaktere anders treffen.

Der "Plot": Der Plot - obgleich komplex und spannend - ist eigentlich Nebensache. Er dient als Katalysator und wird vom SL genutzt, das Szenario zu strukturieren und den Takt beizubehalten. Die Ermittlungen der SC dienen dazu, die eigentlichen Konflikte im Dorf auszulösen und die SC vor Entscheidungen zu stellen.

Ausgangspunkt ist eine Variante von Hinterkaifeck. Die Bewohner eines der Einödhöfe werden niedergemetzelt aufgefunden. Die Kripo in Klagenfurt wird eingeschaltet und schickt ein Team. Während der Ermittlungen verschüttet eine Lawine die Straße und schneidet das Dorf vollkommen von der Außenwelt ab. In derselben Nacht werden die Bewohner eines zweiten Einödhofes niedergemacht, während die SC in der Vergangenheit des Dorfes zu wühlen beginnen...

Der Mikrokosmos: Kahlenfurt verfügt über etwa 60 ausgearbeitete NSC. Viele davon haben Geheimnisse, einige davon sogar "dunkle" Geheimnisse, d.h. Geheimnisse die sie in ernsthafte Schwierigkeiten bringen können. Die Ermittlungen der SC beginnen einige dieser Geheimnisse aufzudecken und andere zu bedrohen, d.h. es entwickelt sich eine wuchtige Eigendynamik, die durch das bestimmt wird, was die SC aufdecken und wie verschiedene NSC eben verschieden radikal darauf reagieren.

(Aside: In einem späteren Artikel gehe ich genauer auf die Gestaltung eines solchen Mikrokosmos ein und stelle ein System vor, mit dem sich so ein Setting schnell und einfach bauen läßt, vom Fantasy-Dorf bis zur Raumstation.)

Spielziel: Wie verhalten sich die SC? Der Rechtsstaat ist ja "nur" eingeschränkt, wenn es um bestimmte "Verbrechen" geht (politische Opposition, sexuelle Abweichung, "Rassenschande" etc.). Ansonsten funktioniert in diesen Jahren der bürgerliche Rechtsstaat durchaus noch, und nicht jeder Taschendieb wird zum Verhör in den Folterkeller geschleppt.

Aber prinzipiell haben die SC diese Möglichkeit. Wie weit gehen sie, um einen grausamen Mörder aufzuhalten? Wie gehen sie damit um, daß der Dorfschuster flüchtende Juden und Kommunisten nach Jugoslawien schmuggelt und Flugblätter im Keller druckt? Nehmen sie sich die "Verdächtigen" vor, die die verängstigten Dörfler als erstes anklagen? Den reisenden Kesselflicker, den Dorfdeppen, den Alt-Kommunisten, den Mann mit der jüdischen Großmutter? Wie weit nutze ich die systemische Rechtlosigkeit des Einzelnen, um dem Recht zum Sieg zu verhelfen und den Mörder zu stellen?

Das Szenario ist auch eine Exploration. Wie stelle ich mich zu meinen Machtmitteln? Wie bewältige ich die Differenzen zwischen Selbstbild und Fremdbestimmung durch meine Funktion innerhalb des Regimes, so vorhanden? Wie gehe ich mit den "Werten" dieser Zeit um? Was machen meine Entscheidungen mit mir, wie verändern sie mich?

Es soll ein wenig erfahren helfen, was es heißt, kleiner Funktionsträger in einem totalitären Regime zu sein, gleichzeitig als als Täter (wenn ich die Vollmachten dieses Regimes nutze)  und Opfer (Was passiert, wenn ich den Kommunisten laufen lasse?). Wichtig daher auch, daß der SL jede Form von "moralischer" Steuerung vermeidet, z.B. bei verwerflichem Handeln der SC Hindernisse aufbaut, die über eine logische Reaktion der Spielwelt hinausgehen. In der Tat kann es sein, daß robustes, aber moralisch fragwürdiges Vorgehen am ehesten zum Erfolg führt. Es geht auch um den Preis, den man dafür zahlt.

Brauchts denn den Nazi-Kram? Bedingt. Das Szenario kann auch ohne Probleme in die 1920er oder 1950er gelegt werden. Spannend ist es ohne Zweifel, aber es fallen dann die moralischen Zwickmühlen und die Werteverschiebungen raus, zumindest werden sie sehr viel kleiner. Homosexualität z.B. wäre eines der oben angesprochenen "dunklen" Geheimnisse. Für moderne Westler absolut kein Thema, landet man dafür den 1950ern zwar nicht mehr im Lager, aber eben immer noch im Knast.

Montag, 15. Februar 2016

Rechts blinken, "Links" schreien und geradenwegs in die Rabatten

Das kann man als Spielstil bezeichnen. Zumindest wenn eine Gruppe das konsequent durchzieht. Dann wird jede Sitzung zu einem Zugunglück, das darauf wartet, sich zu ereignen. Macht natürlich deutlich mehr Spaß.

Letzte Sitzung American Nitemare steht ins Haus. Es waren - bis auf eine Scharniersession - abwechlungsreiche und spannende 80 Stunden. Kudos an die Gruppe.

Natürlich sind sie - in der letzten Session - ungefähr 15.000 km vom eigentlichen Ort des Geschehens entfernt, und ich werde auch keine Parallelmontage zwischen ihnen und dem Abenteuer der D&D-Charaktere der ANM-Charaktere (Jupp, die hatten eine RSP-Gruppe in der Spielwelt, eine der Techniken, die ich ausprobiert habe) zum Endspiel bauen können. Keine Ahnung, wenn ich erhlich sein soll, wie das alles aufgehen wird.

Aber so sind Spieler. Wenn man kein SL-Faschist ist, zerlegt eine proaktive Gruppe das, was man so als Plot geplant hat, in fünf Minuten. Das ist wundervolle Anarchie und zeigt, daß ein SL in erster Linie Hausmeister ist. Sobald sie für dieses Mal die Spielwelt verlassen, mußt Du aufräumen, Trümmer aufsammeln und aus den verwertbaren was bauen, was du nächstes Mal anbieten kannst.

Man fragt sich natürlich, was man als SL hätte besser machen können. In einer verwirrenden fiktionalen Welt voller Vielfalt kann eine Gruppe halt schon mal die "falschen" Handlungsstränge verfolgen. Ich meine, wenn man die Wahl hat zwischen a) einem mysteriösen blinden Pfarrer, der spurlos in abgesicherte Anlagen reinkommt und b) einem Serienkiller, der an die Tür klopft und dem man knapp entkommt, dann ist die Entscheidung einfach: Man wählt c) - Arnold Schwarzenegger betrügt seine Ehefrau.

Wenn dann noch ein Impfkritiker eine ISIS-inspirierte Spontanentroprie auf einem Kongress erfährt, dann wird alles andere zur Nebensache.

Herrliches, forderndes Chaos: Schmutzige Washingtoner Politik, Rednecks mit Waffenlagern in Virginia, verrückte Wissenschaftler und undurchsichtige Deutsche, tödliche Superviren, ein Facebook-Streit (!) mit Bürointrigen, ein Fast-TPK, Aliens auf dem Jupiter.

Wir haben glaube ich nix ausgelassen.

Nur das mit den 15.000 km könnte zum Problem werden.



Mittwoch, 20. Januar 2016

Kopfüber

Eine Kampagne mal mit einem ordentlichen Rrrrums anfangen, so richtig in medias res.

Die SC erwachen an einem Ort und die Kacke ist am Dampfen. Sie haben zwar keine Ahnung, welche Kacke da warum dampft, aber Hauptsache es kracht. Die SC haben keine Erinnerungen. Sie wissen nicht wer sie sind, wer die anderen sind, und warum sie hier sind. Daraus ergeben sich interessante Zielstellungen.

  • Was ist unser Ziel?
  • Warum ist das unser Ziel?
  • Wer ist mit "uns" gemeint?
  • Wer bin ich selbst?

Im Geschehen selbst sind Hinweise mehr oder minder versteckt. Einige NSC erkennen sie. Sie haben Flashbacks (dazu gleich noch mehr). Sie finden Dokumente und Beweisstücke, die sich vielleicht auf sie beziehen.

Flashbacks sind natürlich wichtig. Der SL (oder bei entsprechender Spielweise jeder Spieler für sich, ich würde das aber sowohl als SL als auch als Spieler bedauern) notiert, wie jeder einzelne SC in die Anfangssituation kam. Das wird unterteilt in zwölf Abschnitte (oder so), und jedes Mal, wenn auf der Zufallstabelle das Ereignis "Flashback" erscheint, dann wird zufällig bestimmt, welcher SC das erleidet und welcher seiner Abschnitte ihn gerade "flashed". Ein Puzzle. Ein lähmendes Puzzle. Vorzugsweise in unpassenden Situationen.

Das kann ein sehr kurzes oder ein längeres Szenario sein, aber über mehr als drei, vier Sessions würde ich das nicht strecken wollen. Bonuspunkte für einen ordentlichen Twist (es ist gar keine Gruppe, es sind zwei konkurrierende Gruppen, einer ist ein Verräter oder hat einen eigenen Geheimauftrag (per Los bestimmen), ihr Ziel ist gar nicht ihr Ziel, sondern eine andere Gruppe soll am Erreichen des Ziels gehindert werden).

Am besten geeignet für Gruppen, die in militärisch geprägten Kampagnen hinter den feindlichen Linien beginnen. Vielleicht wissen sie zu Beginn noch nicht mal wer der Feind ist, oder warum er der Feind ist.

Hhmmm. Zeit haben, sowas zu machen.




Sonntag, 20. Dezember 2015

Star Treks Expanse - eine ideale Plot Point Kampagne

via 1darthvader.deviantart.com/
Creative Commons Attribution
-Share Alike 3.0 License
Addendum 21.12.2015

Mittlerweile ist mir zur Kenntnis gelangt (danke Zornhau et al), daß es eine Serie namens The Expanse gibt und daher der Titel mißverständlich gewählt war. Ich habe entsprechend geändert. Die Serie schaut übrigens vielversprechend aus.

Die dritte Staffel der Serie Star Trek Enterprise (nicht zu verwechseln mit TOS) gibt eine ideale Grundstruktur vor, um eine Savage Worlds PPK daraus zu bauen. Denkbar ist auch eine Star Frontiers Kampagne oder gar ein Aufguß von Raumpatrouille Orion mit einer Conversion von Stars without Numbers oder Starslayers. Die Bausteine sind großartiges Spielmaterial.


1) Ein dringlicher Anlaß

Nach einem verheerenden Angriff einer Drohne auf die Erde steht die Drohung einer bis dahin unbekannten Spezies im Raum, die die gesamte Menschheit prophylaktisch vernichten will.

2) Ein Gegner als Puzzle

Die Xindi sind die große Unbekannte. Was ist das für eine Spezies? Wo leben sie? Warum ist ihre erste Heimat zerstört? Was haben sie gegen Menschen? Warum? Wie genau wollen sie ihre Absichten umsetzen? Wie kann man das verhindern? Darauf gilt es Antworten zu finden, während man tiefer in den unbekannten Weltraum vordringt.

3) Ein offenes Ende

Alle Lösungsmöglichkeiten liegen auf dem Tisch, wenn man die Fragen erst einmal beantwortet hat, von Diplomatie über Brute Force bis hin zu einem Handstreich, der immerhin Zeit gewinnen würde.

4) Eine Sandbox als Schauplatz

Die Expanse, in der die Enterprise nach den Feinden sucht, ist eine gewaltiges Raumgebiet mit etlichen Spezies und alles andere als leer. Gleichzeitig (und noch besser) sind hier die Gesetze der Physik zeitweise aufgehoben. Da kann der SL zu den Plot Points seiner Kampagne so ziemlich alles an Tales und One Pagers unterbringen, was ihm gerade einfällt oder ihn schon immer gejuckt hat.

5) Andere Interessengruppen

Ein Anschlag wie der auf die Erde läßt sich nur mühselig geheimhalten. Andere Imperien und Förderationen werden bald wissen, daß es da eine Nation gibt mit offenkundig haushoch überlegener Waffentechnik. Wird man riskieren, daß die unreifen Menschen diese Technik oder Teile davon erlangen? Will man sie für die eigenen Machtpläne? Wird man selbst Kräfte in die Expanse senden und aktiv mitmischen?

6) Eine seltsame höhere Macht

Innerhalb der Expanse - ein weiteres Rätsel - gibt es gewaltige künstlich erschaffene Planeten. Wer hat sie erbaut und warum?

Da ist wirklich ein kompletter Bausatz vorhanden. Klasse.



Mittwoch, 16. Dezember 2015

Karneval - Vom kleinen Unterschied

Das gibts doch nicht. Du hattest noch die Herz Zehn?
Ja.
Warum hast Du dann vorhin mein As nicht bedient?!
Ich fand, so würde es eine interessantere Skat-Partie.

Bereits im Eröffnungspost des diesmonatigen Karnevals wird eine unausgesprochene Gleichsetzung von Spontanregelung und Handwedelei unter dem Ad-hoc-Label vollzogen. Das zieht sich dann durch viele der Folgebeiträge, was schade ist. Es handelt sich dabei um zwei verschiedene Dinge.

Freitag, 13. November 2015

"Ist es auch Wahnsinn, so hat es doch Methode"

Fokus der heutigen Berichterstattung ist natürlich der Eindringling im Weißen Haus, der vom Secret Service niedergeschossen wurde.  Er trug eine Machete, eine Teleskop, 200 Schuß Übungsmunition 7,62mm und einen Laptop bei sich. Das Weiße Haus schweigt sich über den Inhalt des Laptops aus. Eine Recherche ergibt, dass der Attentäter Walter Freeman eine psychiatrische Vorgeschichte hat. Davor war er von 2001 bis 2005 Teilchenphysiker am Fermi Lab.
Morgen also geht es weiter. Folge 5 von Staffel III American Nitemare. Natürlich ist der geplante Plot sorgfältig in Trümmer gelegt worden, genau so wird das erwartet, genau so soll das sein.

Teile des Newsteams liegen nach einer Schießerei in einer Tiefgarage im eigenen Blut und warten auf den Notarzt, New Jersey steht unter Quarantäne, verstörte Teilchenphysiker irren mit Teleskopen durch Regierungsgebäude, Impfkritiker werden von Geheimdiensten gejagt und ermordet, und der Kult der "Veganer des Leviticus" arbeitet weiter an der Erfüllung seiner Prophezeiung.

"Die Kühe sind nicht, was sie scheinen."

Was hat das CERN mit der Sache zu tun? Warum sind Masern auf der USS Pebble ausgebrochen? Wer ist "Prof. S" und woher stammt der Labradorwelpe im Wäschekeller? Was hat es mit den ganzen Wasserrohrbrüchen in New York City auf sich?

Wenn das vorbei ist, schreibe ich eine Blogserie, wie man diesen kreativen Irrsinn geordnet hält, elliptische Strukturen verwendet und prinzipiell flexibel und doch straff leitet. Moderne Zeiten sind als Setting ebenso anstrengend wie spaßig.

Aber jetzt muß ich für Morgen noch ein paar Trümmer wegräumen.

Dienstag, 6. Oktober 2015

Wie man internationale Krisen leitet

Handout zum Beginn der Krise
Amercian Nitemare in Staffel 3 hat sich zu einem Crossover aus The Newsroom und X-Files entwickelt, mit der Folge, daß die Handlung mehr Journalismus statt Schattenlaufen erfordert, und auch die Inter-Office-Soap ihren Raum fordert. Darunter lauern Serienmörder, Schattenregierung und richtig schlimme Dinge, und die Weltpolitik gibt den Redaktionstakt vor.

Ein großes Ereignis ist jeweils der Wandteppich, der sich hinter diesem ganzen Drama aufspannt. Dieses große Ereignis berührt immer wieder die Realität der SC und deren Zielsetzungen, liegt aber nicht im Fokus des Spieles. Die SC haben zumeist auch keinen direkten Einfluß auf diesen Bogen. Er ist der Hintergrund, der die Ingame-Tage strukturiert, ein Gefühl des Unbehagens und der Unsicherheit oder gar einen diffusen Zeitdruck erzeugt. Manchmal aber er greift er direkt in ihr Leben ein.

Freitag, 13. Februar 2015

Ööööhhhh.... Danke für den Fisch?

Eine "realitätsnahes" (hust) Verschwörungsuniversum zu bauen, das nicht einfach nur langweiliges by-the-numbers wie Conspiracy X ist, erfordert an zwei Fronten viel Arbeit. Zum einen müssen für das richtige Look&Feel einen Haufen Handouts gebaut werden (kleine Auswahl siehe Bild). Dazu tippsel ich sicherlich eines Tages einmal einen Beitrag oder Workshop, aber dieser Tag ist nicht heute.

Zum anderen ist vorher aber noch Recherche nötig, viel Recherche, an abseitigen Orten. Dummerweise ist das meiste same old same old. Recherche fällt prinzipiell in drei Kategorien.
  1. Doomsday Porn
  2. Shadow Goverment, Mind Control and Illuminati
  3. UFO and UFO related
Meist gibt es natürlich Überschneidungen. Der Fundus ist insgesamt erstaunlich begrenzt, vor allem die religiösen Fundis sind sehr unkreativ mit ihren Satanssymbolen der modernen Unterhaltung. 90% sind daher Wiedergekäutes, das ich schnell wieder wegklicke.

Die verbliebenen 10% sind die, nach denen ich suche, weil sie Haken und Inspiration bieten. Genuin Abseitiges, genuin Interessantes und Zeugs, das so bescheuert ist, daß es sich selbst transzendiert: "Eye witnesses to Pope Francis killing and eating babies in Satanic rituals".

Aus diesem Anlaß präsentiere ich den schlechtesten Doomsday Porn aller Zeiten: the LHC, artifical black holes and a crop circle warning 2014. Der gute Mann reiht einige Bilder aneinander, Sterne, LHC-Material und die schlechtesten Kornkreise, die ich je gesehen habe (Go home Alien, you're drunk!). Darin zeichnet er einfach irgendwelche Linien und erzählt andauernd, da sei "es" wieder, das Muster des Verderbens oder so.

Höhepunkt ist eine längere Ausführung über eine Packung geräucherte Forellenfilets.

Ich habe bewußt die englische Fassung genommen. Dann kann man sich dabei noch Dana Scullys Gesicht vorstellen, während sie ihm zuhört.

Zum genuin Interessanten gehören dann solche Funde: Die UFO-Zwischenfälle (sog. "flap") 1993-2000 Ohio. Es gibt Filmaufnahmen, als Zeugen unter anderem mehrere Polizisten, deren Angaben bestätigt werden durch einen Radar-Operator, und es exitistieren auch die Aufnahmen des Funkverkehrs der Polizeistation. Das ist eine der am besten dokumentierten Sichtungen, und trotzdem findet sie sich nicht in der Standardliteratur und noch nicht mal auf der UFO-Liste bei Wikipedia.

Mmmmhhhhh...

Samstag, 27. September 2014

Augen des Schicksals

Blutfeuer ist sehr gut balanciert und "reißt nicht aus", insofern sind für unser Haussystem Bennies bzw. Schicksalspunkte nicht notwendig. Trotzdem mag ich den Grundgedanken. Sie sind als direkte Belohnung und Motivation zu gebrauchen, geben den SC den kleinen Tick mehr, der sie erst zu Helden macht und schließlich geben sie dem SL auch eine regelkonforme Möglichkeit gegenzusteuern, wenn etwas nicht nach seinem Wunsch läuft.

Allerdings finde ich Murmeln und Glassteine zu sozialpädagogisch bastelhaft (ich hasse die Läden, wo man sowas kauft) und Pokerchips zu yankee-imperialistisch. Also kann man sich stylishe Punkte mit Runen und Siguls entweder selbst aus Fimo basteln (wunderschöne Lösung) oder einen europäischen Weg suchen.

Ich nehme Dominosteine. Das wurde schon bei den Benediktinern gezockt und von 1995 bis 1997 gab es eine Fachzeitschrift zum Domino-Spiel mit dem Titel Das Schwarze Auge. Passender geht nicht.

Was braucht man also? Ein Gefäß ("Pool") für die Tischmitte und ca. 20 Dominosteine mit Augensummen von jeweils 5 bis 11 3 bis 6 (siehe unten), die "Augen des Schicksals". (Der Wertebereich ist vorgesehen für ein W20 / 2W10-basiertes System).

So fließen die Heldensteine.
  • Die Steine werden verdeckt aus dem Heldenpool gezogen.
  • Ein SC darf maximal 5 Steine besitzen. 
  • Bei Erschaffung erhält ein SC 2 Steine, mit Vorteil "Glückskind" 3 Steine, mit Nachteil "Pechvogel" 1 Stein.
  • Es gibt zu Sitzungsbeginn 1 frischen Stein, mit Vorteil "Glückskind" 2 frische Steine, und mit Nachteil "Pechvogel" keinen frischen Stein.
  • Darüberhinaus hat die Gruppe einen Pool von SC x 2 Steine im Zentrum, dazu +1 für jedes Glücksind und -1 für jeden Pechvogel.
  • Die Gruppenmitglieder entscheiden, wann sich ein Spieler einen Stein für eine tolle Aktion, einen klasse Plan etc. nehmen kann. Erst wenn die Punkte aus dem Stein an einen SC gelangt sind, können sie verwendet werden.
  • Ist der Pool leer wird er erst am nächsten Abend wieder aufgefrischt. Nicht genutzte Steine des Pools verfallen.
  • Der SL hat ein Veto wenn die Gruppe offenkundig "Steine schindet", bzw. sollte derlei Verhalten Erwachsenen angemessen besprochen werden.
  • Der SL hat zu Spielbeginn für alle seine NSC 2 Steine. 
  • Jeder von den Spielern verwendete Stein geht an den SL. Dieser darf den Stein jeden Dritten (s.u.) für seine NSC gebrauchen, die jeweils anderen beiden werden für diese Sitzung aus dem Spiel genommen.
  • Verwendet der SL einen Stein, so wandert dieser zunächst in den Spielerpool.
  • Hat ein SC am Ende der Sitzung Steine über, werden diese für die nächste Sitzung angerechnet.
Das können die Heldensteine.
  • Außerhalb der Initiative Handeln: Der Charakter ist sofort dran und kann eine Bewegungs- oder Standardaktion durchführen, sofern er noch genug Ini hat. Kosten 2 Steine.
  • Bonus auf einen W20 Wurf: Der Bonus hat die Höhe der Augensumme des Steines. Ein Stacken ist nicht möglich.
  • Es ist auch möglich einen in der Nähe befindlichen Charakter (max. 10 Schritt) einen Bonus zu geben: Der Augenwert wird jedoch halbiert (abgerundet). Ein Stacken ist nicht möglich.
  • Inspiration: Sollte der Charakter im Abenteuer nicht weiterkommen, kann er um einen Tipp des eSeLs bitten. Dieser kann das verweigern, dann erhält der Charakter den Stein zurück.
  • Beschränktes Fakten schaffen innerhalb der situativen Plausibilität. (Veto des SL vorbehalten.)
Addendum 29.09.2014: Praxistest

Gestern ein Lehrstück in Sachen "mit cooler Idee System vollkommen debalancieren". Die Steine fanden hauptsächlich in Kämpfen und deren Nachwehen Verwendung. Die Wertebereiche waren arg zu hoch angesetzt, so daß die SC teilweise in einer Art rocken konnten, die nicht zur Kampagne paßt.

Ein noch größeres Problem. Ich als SL hatte binnen kurzer Zeit daher einen riesigen Steinpool dessen Wirkung ich dann bei einer absolut lächerlichen Begegnung getestet habe - ein paar Skelette wurden ernsthaft mit den Steinen gepimpt und haben mit der doch handfesten Abenteurergruppe eine ziemliche Weile lang den Boden gewischt. Das wurde sehr knapp.

Beim Endkampf war ich etwas unkonzentriert, so daß ich meinen zweiten Haufen spielergesponsorter Steine (mit einen Gesamtbonus von 74!) dann übersehen habe (ebenso wie die im Hinterhalt liegenden Wandelleichen, die sich sicher gefragt haben, wozu ich sie herbestellt hatte). War auch gut so, das war knapp genug, nach dem ich den stärksten SC-Kämpfer über den Frostgeist gegen die Gruppe wenden konnte.

Rückschluß: Wertespanne auf den Steinen deutlich verringern, ebenso den Fluß der Steine zum SL.

Freitag, 25. Juli 2014

Oh, that's so deep, man...

Wer den Karneval dieses Monats verfolgt, stößt immer mal wieder auf zwei sich scheinbar bedingende Konzeptionen. a) Es gäbe "tiefe" Charaktere und b) dazu bedürfe es einer (möglichst langen) Hintergrundgeschichte.

Ein NSC hat in erster Linie eine Funktion. Wenn das vergessen oder nicht berücksichtigt wird, sind Hopfen und Malz sowieso schon verloren. Der Fortgang der Handlung bedarf eines Charakters mit bestimmten Absichten und Fähigkeiten an genau dieser Stelle, um eine Funktion innerhalb dieser Handlung zu erfüllen. Das ist der einzige Grund für die Existenz eines Charakters.

Charaktere, die dieser Notwendigkeit nicht entsprechen, sind Beiwerk, Spiegel der Hauptpersonen, Schmuck, Zierat, Extras. Sie sind schlimmstenfalls hinderlich, weil sie die Handlung verzögern und die Erzählung verfetten. Ein wichtiger NSC wird gebraucht und muß eine Rolle erfüllen. Dazu benötigt er zunächst weder Persönlichkeit (über seine Werte hinaus, also fähig oder unfähig) noch Vergangenheit.

Er muß nicht sein, er muß tun.

Dienstag, 8. Juli 2014

Helau und Alaaf. Karneval. Teil III und Schluß!


Uff. Jetzt schon zwei Tage ohne Fußball, wie öde. Dazu die steigende Vorfreude auf das Halbfinale gegen die Treter aus Brasilien... Ich fühl mich etwas leer. Als denne, auf zum dritten und letzten Teil des diesmonatigen Karnevals Lebendige NSCs - wie man Figuren Tiefe verleiht. (Teil I und Teil II)

11. Railroading unerwünscht? Wieviel Einfluss dürfen NSCs auf die Handlung haben?

RR ist bei mir unerwünscht. Geschieht ein Ereignis aber durch regelkonformen und plausiblen (!) Einsatz der Fertigkeiten und Möglichkeiten eines NSC, dann handelt es sich nicht um RR. NSC dürfen soviel Einfluß haben, wie es innerhalb dieser Parameter nachvollziehbar bleibt. Mary-Sue-Charaktere sind hier natürlich außen vor, die sprengen die Definition. Andererseits liegt dann beim SL immer noch kein RR-Problem vor, sondern ein ganz anderes.