Dienstag, 22. September 2015

Stefan George und die Facebook-Kackbratzen

Der deutsche Qualitätsjournalismus(TM) leistet sich den Kolumnisten. Das sind Typen (und Typinnen, klar), die das tun, was dem deutschen Redakteur vorenthalten bleibt: Meinung und Ironie zeigen. Der SPIEGEL hält sich gleich mehrere davon. Sascha Lobo, z.B., die fleischgewordene und letzte Inkarnation der dotcom-Krise, eine Art ISDN-Buddha mit Doppelleitung, oder die Berg, deren Belanglosigkeiten wohl ein Publikum finden müssen, das das mit Gewinn liest (na, wie ist das als Dystopie?)

Ein besonderes Phänomen sind ja Kolumnisten aus der rechten, pardon, "konservativen" Ecke. Beim besagten SPIEGEL ist das der Fleischhauer Jan, der einmal die Woche erscheint, ein Karl Josef Wagner mit erweitertem Grundwortschatz, Ausbaustufe 1B.

Der setzt sich also einmal die Woche hin, bröckelt sich zumeist irgendwelche Stammtischparolen aus den Ohren und schmiert sie in die Textmaske. Dann starrt er lange drauf und hält das für Nachgedachtes. Warum der SPIEGEL seine Reputation noch weiter drückt, indem er solche Typen im Keller vor die Tastatur kettet, erschließt sich mir allerdings nicht.

Donnerstag, 17. September 2015

Traumata gesucht

Die Module für ein Rollenspiel namens Trauma müßten "Traumata" genannt werden. Meine Meinung. Aber wie man sie letztlich auch nennt: Sie werden gesucht.

Flying Games, Herausgeber von Trauma, sucht Entwickler für Module zu diesem Rollenspiel. Wer Trauma nicht kennt - die Nachbarn von den Teilzeithelden haben eine ganz ordentliche Besprechung für die aktuelle Edition im Archiv.

Wobei sie mit keinem Wort die "Bla"-Karten erwähnen (die aber eher Zubehör sind). Oh well, where were they when that pesky pompous poorly played paladine pestered my round with severely sordid and sullied self-aggrandizing shit and called it method acting?!

Wo war ich? Ach ja. Man sucht Gestalter und ich zitiere den O-Ton:
Du hast eine gute Idee für ein Trauma1111-Abenteuer? Schicke uns ein Exposé.
Das Abenteuer soll 10 bis 30 Seiten umfassen und in Deutschen oder Kümm spielen.
Und hier kommt die Herausforderung:
Die Grundidee des aktionsgeladenen Abenteuers soll nicht kampfbezogen sein und der Verlauf des Abenteuers sollte auch so angelegt sein, dass die
Spieler ohne Kampf zum Ende kommen können - oder besser noch: Kampf sollte gar keine Option sein.
Abenteuerideen, die davon abweichen, interessieren uns aber auch.
Abenteuer ohne Gewalt, aber mit Spannung und Action sind eine Herausforderung, wenn wir mal ehrlich sind. Ich hatte da auch ein, zwei gute Ideen, aber mit dem Setting werd ich nicht einfach nicht warm.

Anyway. Wer sich mal an sowas versuchen will, der nehme Kontakt auf mit:
markus KLAMMERAFFE FlyingGames.de.




Dienstag, 15. September 2015

Werkzeugkiste IV

Aaaah. Vorlesetexte - geliebt, gehaßt. Der Spielleiter nölt ohne aufzublicken und mit flacher Kadenz gemelcherte Prosa vom Blattl. Das Gehirn der intendierten Rezipienten schaltet nach 8 Sekunden in den erweiterten Spieler-Modus.

Ich muß gestehen, ich mag Vorlesetexte, wenn sie von Bedeutung sind. Da ich sie zumeist selber schreibe, kann ich sie auch weitgehend frei vortragen. Sie finden nur selten Verwendung, können aber als Einstimmung für Setpieces viel leisten. Trotzdem: Fremdgeschriebenes führt zumeist zum Runterguck-Effekt, es sei denn man übt das tatsächlich vorher. Und auch bei Eigenem verfällt man zuweilen in diese Unart.

Derzeit schaue ich grade Sorkin's Serie The Newsroom und kam dabei auf die geniale Idee, einen Teleprompter für den Laptop anzuschaffen. Für SL, die einen Lappie oder ein Tablet verwenden, ist das die ideale Lösung. Es erfordert nur ein wenig Übung und sorgt nicht nur für Augenkontakt mit den Spielern, sondern auch für besseres, natürlicheres Sprechen. Ich bezweifle stark, daß meine Gruppe letztes Mal gemerkt hat, wann ich vorgelesen und wann ich frei gesprochen habe. :)

Ich verwende den Mirror-Script Prompter. Kostenlos, leicht zu bedienen, ausreichende Optionen (Größe, Ränder, Position) und für viele OS erhältlich.

EDIT/ Link zur Software gefixt. Tut mir leid. (Danke an +Manuel Sambs).

Donnerstag, 10. September 2015

Red vs. Blue III - Die Entscheidung

(Teil I hier und Teil II hier.)

An eine RSP-Einsteigerbox müssen andere Kriterien angelegt werden, als an andere Rollenspielartikel. Sie birgt für vollkommen Unbeleckte die Schwelle zu einem arkanen Hobby, das sich als "Spiel" bezeichnet, dabei aber mit den meisten Konventionen von (Brett)Spiel bricht und tatsächlich sowas wie Arbeit und Aufmerksamkeit vom Konsumenten erfordert. Damit diese Schwelle auch überquert wird und nicht abschreckt, muß eine solche Box verdammt viel richtig machen.

"Originalität" ist dabei ganz außen vor, weswegen ich auch nichts negatives über das Setting gesagt habe in dieser Besprechung und auch nichts sagen werde.

Die Entscheidung - Red vs. Blue

Red Box war das (fast) perfekte Produkt zur perfekten Zeit. Sie vermittelt ihren Stoff auf spannend-spielerische Art. Daß man mit ihr alleine ohne Hilfe wirklich Rollenspiel "erlernen" kann, war die grundlegende Voraussetzung für ihren Erfolg in der prä-digitalen Welt. Mit ihr konnte das Medium RSP die entlegensten Dörfer erreichen und dort beginnen sich auszubreiten, ohne daß erfahrene Hilfe dazu nötig war.

Letzt hab ich mir die Haare in den Fliegenfänger geschüttelt. Klebte wie die Hölle. Ruhe bewahrt, gegoogled und den entscheidenden Tip bekommen (Öl). Heute muß in der ersten Welt niemand mehr etwas nur aus einer Box lernen. Das Wissen der Welt steht uns auf Wischen zur Verfügung.

Moralfachkräfte

Absurd ist es, wenn an extra für Rollenspiel ausgewiesenen Orten im Web nicht über Rollenspiel diskutiert werden kann, weil da "was Politisches" bei rauskommt / rauskommen könnte. Und das wollen wir ja nicht. Also werden solche Gespräche beendet, abgeschnitten, verschoben. Weil, "was Politisches".

Das ruft mehrere Reaktionen wach bei mir. Zunächst einmal eine Entschuldigung bei Dr. M. der eines seiner Hauptseminare einläutete mit der Bemerkung: "Die meisten Menschen fallen in zwei Kategorien. Die einen haben Carl Schmitt nicht gelesen, die anderen nicht verstanden." Buuuuuh machte mein jüngeres Ich.

Ich beginne, ihn zu verstehen. Ich beginne, beide zu verstehen.

Das Zweite? Oh ja, daß solche RSP-Communities sich tatsächlich an eine Rollenspiel-Dystopie namens Paranoia angleichen. Da gibts in jedem Team auch einen Glücksoffizier, der für Aufrechterhaltung des Wohlbefindens und für die Beendigung von dieses Wohlbefinden gefährdendem Verhalten zuständig ist (hab ich die Casi richtig? Diesmal nicht, glaub ich. Is spät.). Everybody smile.

Wobei "Glücksoffizier" für eine deutsche Community nicht griffig genug ist. Wie wäre es mit "Moralfachkraft"?

Drittens schließlich: Die armen Schweine. Wenn ich den Buschtrommeln glauben darf, die ich so höre, kommt da einiges auf die zu. Die Arschlöcher beider Seiten im Gendergeseiere haben RSP für sich entdeckt. Das wird sicherlich häßlicher als die Hugos. Wir haben nur die Vorboten gesehen.

Dienstag, 8. September 2015

Aaaah. Die Vorfreude.

Die New York Times spricht in einem Beitrag über das kulturelle Phänomen Star Wars. Da liest man auch mal die NYT. Sehr schön ist die Schilderung der Fan-Reaktionen auf den Trailer:

Whatever the mystique of ''Star Wars,'' the reaction to the trailer seemed to burn up the Internet. It has been shown on the ''Star Wars'' Web site, and was widely filmed by fans when it was shown on ''Entertainment Tonight'' and ''Access Hollywood.'' 

''The trailer felt like five seconds,'' said Harry Knowles, who founded the Ain't-It-Cool-News Web site, which is populated by movie fans obsessed with ''Star Wars.'' Over the Internet, Mr. Knowles seemed stricken with guilt about his early qualms about the new ''Star Wars.''

''I hate myself for every doubt I had,'' he said. ''What on earth was I ever thinking? Analyzing every nugget, every whisper. Worrying about reshoots and deadlines.'' Other fans, on the Internet, talked about weeping and shaking while watching the trailer
Die Vorfreude ist groß, und angesichts der Tatsache, daß mir trotz ausgefeilter Vermeidungsstrategien jeder neue Filmschnipsel irgendwie unter die Nase gehalten wird (mit einem je nach verstandlichem Zuschnitt angemessen paraphrasierten "GEEEEIIIILLLL!!!"), kann ich davon ausgehen, daß es in deutschen Landen nicht minder herbeigefiebert wird.

Oh, ach, ich hab zwei Sätze oben rausgeschnitten.
George seems to be 100 percent on his game.

''On Mr. Knowles's Web site, a fan named David Chung summed up his feelings: ''What can I say! George Lucas must be a superior form of life!'
Yopp. Im Artikel von 1999 werden feuchte Geekbuxen angesichts des ersten Trailers von The Phantom Menace beschrieben. Mann, wir alle wissen, wie das ausging, Meesa so sad.

Ich rate also jeweils - wenn das Echo vom jeweiligen GEEEEIIIIILLLL in den Klüften meines Hirnes verebbt ist - zu reduzierter Hyperventilation. Warten wir doch erstmal ab, wie toll es wirklich sein wird, wenn Han Solo das Hüftgelenk platzt.

Zum NYT-Artikel gehts da lang.

Montag, 7. September 2015

RSP-Karneval: Epic Fail.

Ich drück mich, ich gebs zu. Der Kampf der Giganten findet keine Entscheidung. Ich muß die Nostalgie im Herzen eliminieren und die Regelsysteme nochmal kritisch prüfen. Morgen also.

Bis dahin zum Zeit schinden eine kleine Anekdote eines Epic Fail im Rahmen des diesmonatigen Karnevals.

Ist Jahre her. Mein Krieger Tangol verteidigt in einer brennenden Stadt heldenhaft ein Gebäude vor anstürmenden Goblin. Es liegt ungläubiges Staunen über Kameraden und SL, auch etwas Ehrfurcht. Es ist ein heldenhafter Kampf, Würfelglück ohne Ende, aber die Mauern waren genommen, der Goblins Dutzende alleine bei meinem Krieger. Auch wenn er sie in Scharen niedermäht, so sind da doch die Bogenschützen aus der dritten Reihe. Schließlich macht er den Boromir.

Ich: Ich hoffe... ich hoffe, die Waisen konnten entkommen... (*stirbt*)
SL: Die Waisen? Mmmmh.... Tangol stand und starb vor Haus #17, oder? 
Ich: Ja. Der rote Backsteinklotz.
SL: Daaaas... ist der Schlachthof.

Ja. Ich habe verzichtet, ein Epos ein darauf dichten zu lassen.

Freitag, 4. September 2015

Red vs. Blue II

Dies ist der zweite Teil der Besprechung der Splittermond-Einsteiger-Box. Der erste Teil findet sich hier.

Runde 3 - Charaktererschaffung

Hier ist ein direkter Vergleich natürlich nicht möglich. Das einfache D&D-Red erlaubt den Charakterbau selbst für blutigste Anfänger in ca. 15 Minuten. Roll 3d6 in order, such Dir Deine Klasse aus, notiere Dir allfällige Spezialfertigkeiten, ggf. auch Zaubersprüche und kauf Dir Ausrüstung.

Das kann das Blaue nicht leisten, das soll das Blaue nicht leisten. Es ist ein komplexeres, moderneres System. Trotzdem ist es für eine Einsteigerbox existentiell, den Prozeß überschaubar zu halten.

Die Erschaffungsregeln kommen in einem eigenen Heft von 30 Seiten daher. Sie erfolgt in sieben Schritten und ist weitgehend paketorientiert. Nur an zwei Stellen sind freie Punktevergaben möglich. Gegenüber dem "Vollspiel" fällt auf, daß der Prozeß verkürzt wurde. Es fallen vor allem die Schritte raus, die mich stören, namentlich "Herkunft" und "Ressourcen". Sehr gut.

Ganz ohne Verweise auf das eigentliche Regelbuch der Box kommt das Büchlein nicht aus. Die Paketbauweise hingegen ist auch für Anfänger geeignet. Die Auswahl an Kulturen, Rassen und Ausbildungen erlaubt eine hinreichend differenzierte Charakterwahl.

Die Erschaffungsregeln sind für ein so komplexes Regelwerk recht überschaubar und flott. Aber kein Anfänger wird einen tauglichen Charakter bauen können, ohne zumindest mal in das Spiel reingeschnuppert zu haben. Hier liegt Splittermond hinter D&D, dessen systemimmanenter Kompetenzschutz "Fehlbauten" fast vollständig verhindern kann. Die Paketbauweise versucht das zwar auch, aber die freien Punktverteilungen bei Attributen und Fertigkeiten können zu argen Problemen führen.

Splittermond gleicht dieses Manko jedoch aus, in dem es schön gestaltete Charaktere zum direkten Losspielen in die Box gepackt hat.

Die Runde gewinnt keiner, beide erhalten je einen Punkt, weil sie ihre Aufgabe innerhalb ihrer unterschiedlichen Rahmenbedingungen optimal lösen.

Blau 2 vs. Rot 2

Donnerstag, 3. September 2015

Der Heilige Hypokrit

Den derzeitigen Scheißesturm um OneBookShelf werd ich inhaltlich nicht kommentieren. Zuviele Minenfelder zu gut getarnt. Ich beschränke mich auf lautlose Bewegungen von Augenbrauen und Mundwinkeln.

Aber schön zu sehen, daß das Internet noch funktioniert. Den heutigen Preis des Scheinheiligen verleihe ich Erik Mona, der einige Tweets voll moralischer Empörung abfeuerte. Das geschah offenkundig in voller Unkenntnis seines eigenen Tuns. Ich erinnere hier nur mal an The Hook Mountain Massacre. Da kann man durchaus einen vergleichbaren Torture-Porn-Vorwurf aufmachen, wenn auch gegen gehobeneres Niveau.

Runner-Up für den Preis war übrigens Raggi. Aber das überrascht wohl keinen.

Red vs. Blue I

Jetzt habe ich also endlich Zeit, mich etwas intensiver um die Einsteigerbox von Splittermond zu kümmern. Nein, ich war nicht nett zum Penatenspiel in der Vergangenheit - das GRW wurde von mir als "entschlossen mittelmäßig" bezeichnet, das Promomaterial versuchte mich durch betonte Einfallslosigkeit zu bestechen, und die Abenteuer, die ich bisher goutierte, entsetzten durch ihre Altlasten. Was blieb mir denn neben altväterlicher Strenge, die auch lobte, wo es zu loben gab?

Aber die Einsteigerbox hab ich gehyped. Jetzt also ist es an der Zeit, sie auf Herz und Nieren zu prüfen. Aber nicht in einer einfachen Rezi, nein, wir schicken die Blue Box in einen Kampf über mehrere Runden, um zu sehen, was sie aushält.

Ooooooooooooh. Ich kann nicht hinsehn. Ich tus trotzdem. Das MUSS weh getan haben, das Gelenk hat man sogar hier in der Sprecherkabine krachen hören. Die Star Wars Box schleppt sich aus dem Ring. Sie sieht NOCH nutzloser aus als zuvor.

Mentzers Red Box geht zurück in die rechte Ecke, seit mehr als 30 Jahren ungeschlagener Meister aller Basisboxen. Die meisten ihrer Gegner sind nur noch Schatten der Vergangenheit. Sie aber steht.

Und da ist ein neuer Herausforderer. Klein. Blau. Deutsch. Er sieht furchtlos aus. Tja, er weiß nicht, was ihn da erwartet. Meine Damen und Herren, SPLITTERMOND wirft den Handschuh in den Ring. Der Gong tönt zum "Ring frei" und es beginnt.