Samstag, 28. Dezember 2013

Enthüllte Journalisten

Vor einer Woche wars, da Jens Berger die Hände über dem Kopf zusammenschlug, als er sich anschaute, wie die Mär vom "Kreml-Kritiker Chodorkowski" ohne jedes Hinterfragen in den Medien präsentiert wird.

Wer sich ein wenig mit dem Fall Chodorkowski/Jukos beschäftigt hat, konnte gestern Abend seinen Ohren nicht trauen, als der Nachrichtensprecher des ZDF-Heute-Journals in sonorem Ton sagte, Chodorkowski sei von den Behörden aufgrund des „beliebig dehnbaren Begriffs der Steuerhinterziehung“ inhaftiert wurden. (...) Die hohe Haftstrafe verbüßt der Oligarch nicht wegen Steuerhinterziehung, sondern wegen gewerbsmäßigen Betrugs, Unterschlagung und Geldwäsche – der Tatbestand der Steuerhinterziehung war „lediglich“ eine Folge der anderen Tatbestände, da Chodorkowski und sein Partner Platon Lebedew für das ergaunerte und unterschlagene Geld naturgemäß auch keine Steuern bezahlten. (...) Das ganze Spiel ist eigentlich leicht zu durchschauen. Wollen oder können unsere Medien nicht hinter die Kulissen schauen und ihre marktkonforme Brille absetzen?
Ich gestatte mir, seine abschließende Frage zu beantworten: Selbst wenn sie es wollten (was ich nicht glaube), wären sie dazu wahrscheinlich gar nicht imstande. Zum Hinterfragen muß ein Journalist gelernt haben, Antworten und Antwortende einzuschätzen und einzuordnen und Recherchen zu betreiben.

Wie sieht denn so eine ZDF-"Recherche" aus (*kicher*)?

Am Mittwoch lief eine Doku auf dem ZDF, anhand derer wir erfassen können, wie denn so ZDF-Journalisten gestrickt sind. Sicher, die Dokusparte beim ZDF ist schon lange ein Witz, nicht zuletzt wegen Guido Knoops Führerepen und der eingekauften Flicks vom unsäglichen US "History" Channel (Southpark hat da was Feines zu produziert), aber das hier ist anscheinend eine In-House-Produktion, und Petra Gerster, eine der Redakteurinnen im Studio der ZDF-Hauptnachrichtensendung heute, ist prominent involviert.

Ich möchte an dieser Stelle zwei Dinge erklären. Erstens: Beim ZDF arbeiten viele Journalisten und Redakteure. Zwotens: Weder "Journalist" noch "Redakteur" sind geschützte Berufsbezeichnungen.

Zurück zu Petra Gersters Doku Die geheime Macht der Jesuiten. Klingt vielversprechend; nach den Freimaurern/Illuminaten, den Juden und den US-amerikanischen Geheimdiensten sind die Jesuiten die Gruppe mit Macht und Einfluß, um die sich die meisten Verschwörungetheorien und Legenden ranken, vom hanebüchenen Unsinn zu interessanten Ansichten. Kann man was draus machen.

"Man". Und das ZDF?

Petra Gerster stapft durch abgestandene Da-Vinci-Code-Ästhetik, blickt voll Bedeutung über Roms Dächer und plaudert mit Jesuiten über ihre Verschwörung. Dochdoch, genau das. Zum Thema "Verschwörung der Jesuiten" werden ausschließlich Jesuiten befragt. Ist ein bißchen, wie die Befragung eines RWE-Vorsitzenden zum Thema "Gefahren der Braunkohle" - für ein ausgewogenes Meinungsbild nehmen wir dann noch Hansels von EnBW und Vattenfall dazu.

Nur Jesuiten. Diese vermelden zur Überraschung des Zuschauers, eine Verschwörung ihres Ordens gäbe es nicht. Ein Psychiater darf dann noch über die Traumabewältigung des Ordensgründers Ignatius simpeln. Ich hab ja keine Ahnung, ob die Jeusiten irgendwas im Schilde führen. Die habe ich aber immer noch nicht. Ich meine... würden die das zugeben? Wenn eine Kamera draufhält? Nur weil eine deutsche Frau fragt? Ich bezweifle das ein wenig...

Aber davon abgesehen, sind die ganzen 45 Minuten nicht mehr als ein ziemlich häßlicher Schiffbruch. Eigentlich geht es gar nicht um die "Verschwörung der Jesuiten". Es ist ein bißchen Ignatius-Biopic und ein bißchen Schlaglichtgeschichte. Es wird nie klar, was denn die Verschwörung eigentlich sein soll. Der Film hat gar keine Narrative.

Die Doku ist einseitig und wertend; Gegner der Jesuiten werden grundsätzlich negativ konnotiert; als "Verschwörungstheoretiker" oder gar als "korrupt". Der Orden hingegen sei ein Hort der Erleuchtung in finsteren Zeiten gewesen, wie uns nicht nur eine eindrucksvolle Galerie von Jesuitenpatern versichert, sondern die erzählende Gerster selbst auch.

Interessante Fragen, die der Film anreißt, werden entweder ausweichend beantwortet ("Was bedeutet die Pflicht zum unbedingten Gehorsam?") oder auf halber Strecke komplett fallengelassen ("Wie vereinbart sich das Ämterverbot der Ordensregel mit der Tatsache eines jesuitischen Papstes? Warum scheiterte die anfänglich so erfolgreiche Mission der Jesuiten in China?" (letzteres ist übrigens eine spannende Geschichte)).

Dieses oberflächliche Machwerk bewegt sich haarscharf am Rande der Klitterung und ich bin mir offen gesagt unsicher auf welcher Seite des Randes. Sowas nennt man dann beim ZDF eine "Dokumentation", hergestellt von "Journalisten", die ihre Fakten sorgfältig "recherchiert" und "aufbereitet" haben. Für diese Art Schrott zahl ich Gebühren, und solcher Unsinn dient als Rechtfertigung für diese Gebühren, als Beweis für die Seriösität der OR-Sender und die Erfüllung ihres "Bildungsauftrags".

Tonne. Den ganzen Schrott in die Tonne. Man wird dumm vom Zugucken.

Schmankerl: Wo ich gerade so fröhlich von Verschwörungen plaudere; wer schreit bei diesem Clip als erster "Manchurian Candidate"? Unheimlich. Ob die US-Dienste wieder einen Anschlag planen?

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

"Wollen oder können unsere Medien nicht hinter die Kulissen schauen "

...mein Gott nochmal,...
Sie dürfen nicht... es sind Huren!

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