Ein NSC hat in erster Linie eine Funktion. Wenn das vergessen oder nicht berücksichtigt wird, sind Hopfen und Malz sowieso schon verloren. Der Fortgang der Handlung bedarf eines Charakters mit bestimmten Absichten und Fähigkeiten an genau dieser Stelle, um eine Funktion innerhalb dieser Handlung zu erfüllen. Das ist der einzige Grund für die Existenz eines Charakters.
Charaktere, die dieser Notwendigkeit nicht entsprechen, sind Beiwerk, Spiegel der Hauptpersonen, Schmuck, Zierat, Extras. Sie sind schlimmstenfalls hinderlich, weil sie die Handlung verzögern und die Erzählung verfetten. Ein wichtiger NSC wird gebraucht und muß eine Rolle erfüllen. Dazu benötigt er zunächst weder Persönlichkeit (über seine Werte hinaus, also fähig oder unfähig) noch Vergangenheit.
Er muß nicht sein, er muß tun.
Wenn ich z.B. einen Auftragskiller brauche, der einen anderen NSC aus dem Weg räumt, dann muß ich zunächst nicht wissen, wer das ist, sondern ob er es kann.
Will ich ihn vielschichtig machen, interessant, außergewöhnlich (übrigens alles Eigenschaften, die einem Berufskiller eher abträglich sind), will ich ihn also "tief" haben, dann muß ich immer noch nicht in seiner Vergangenheit rumanalysieren. Dann muß ich wissen, was ihn jetzt so besonders sein läßt. Dazu benötigt man genau vier Sätze.
Verwende auf die folgenden Anweisungen jeweils einen, maximal zwei Sätze. Reduziere die Aussagen auf das Markante und Wesentliche.
- Beschreibe die Person steckbrieftauglich.
- Beschreibe das Wesentliche des Charakters aus Sicht eines Freundes.
- Beschreibe das Wesentliche des Charakters aus Sicht seines Ehepartners / Liebhabers.
- Beschreibe, wie der Charakter sich selbst sieht.
Wir protestieren! Wir wollen Pat the dog und Rubberducky |
Aber Du hast genau den Charakter, den Du an dieser Stelle der Handlung brauchst. Falls das immer noch nicht genug ist, dann erstelle eben ein psychologisches Profil. Lies Dir die vier Sätze durch. Schreibe ein typisches Zitat des Charakters auf, um seine Stimme zu finden, und dann mache für ihn einen Big-Five-Test, ermittle seine Psychoneurosen, und für Schurken bestimme noch seine dunkle Triade. Das dauert alles in allem 15 bis 20 Minuten.
You are ready to go. Falls Du den Charakter nun wirklich erforschen willst, dann entwickle seine Vergangenheit. Er erfüllt die Funktion, die jetzt benötigt wird, seine Vergangenheit gibt Dir Schlüssel warum er so ist, wie er ist.
Das kann helfen, das kann vor allem auch Spaß machen. Aber die Vergangenheit ist keine Voraussetzung, weder für einen vielschichtigen ("tiefen") Charakter noch für die Handlung, solange diese Vergangenheit nicht in direktem Zusammenhang - z.B. über ein Rachemotiv - mit der Gegenwart steht.
Das ist der Unterschied zum richtigen Leben. Unsere Vergangenheit macht aus uns was wir sind, sie ist vor unserem "Jetzt" da. In der Fiktion ist das "Jetzt" einer Figur entscheidend, denn dieses "Jetzt" wird für die Handlung benötigt, egal, wie dieses "Jetzt" zustande kam. Wenn wir die Vergangenheit einer fiktionalen Figur erfahren wollen, wird diese von den Notwendigkeiten des "Jetzt" bestimmt und niemals umgekehrt.
My 2 Cents.
5 Kommentare:
Your 2 Cents are worth a Dollar. ;)
Ja, sehr schön. Wir haben dazu schon gepodcastet und ich trete da auch auf die Bremse im Sinne von "Weniger ist mehr!" - sehr schön ausformuliert!
Link zum Podcast und ich freu mich noch mehr übers Lob. :)
Trommelwirbel.
-> http://greifenklaue.wordpress.com/2014/07/29/greifenklaue-podcast-27-nscs-tiefe-verleihen-namenlose-nachte-dsa-4/
Sehr hilfreich, vielen Dank!
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