Montag, 13. Juli 2015

Wir haben eine totale und uneingeschränkte Niederlage erlitten.

Im unteren Bild sind acht
Unterschiede versteckt. Finden Sie alle?
In meinem Garten weht Schwarz-Rot-Gold über dem Grill. Ich bin gerne Deutscher. Ich bin nicht "stolz" darauf, aber ich liebe die Sprache, mit der ich aufgewachsen bin, ich liebe die Wälder, die mich (noch) umgeben, und ich liebe das Licht der Julinachmittage. Ich bin gerne Deutscher. Ich bin auch Europäer, ich spreche gut Fremdsprachen, folge landestypischen Sitten und bin viel gereist.

Als 2006 zur WM Flagge zeigen wieder "cool" wurde, da trat den Antideutschen der Schaum vor den Mund. Ich hab nur mit den Augen gerollt - das war nicht immer stil- und geschmackssicher, aber geifern mußte man deswegen bestimmt nicht. Naja, "Schlaaaand" ist schon sowas, wo man kotzen mochte und immer noch möchte. Aber damals wurden unsere die "Weltmeister der Herzen", und das Deutschlandbild in der Welt hatte sich endgültig zu wandeln begonnen, sogar bei den Niederländern.

Siebzig Jahre hat diese Nation dafür gebraucht, das Bild des häßlichen Deutschen vergessen zu machen.



Das Problem aber ist: Es gibt ihn noch den häßlichen Deutschen. Er ist die Mehrheit, der häßliche Deutsche. Und mittlerweile ist er auch wieder an der Macht. Seit Jahren rollt er durch Europa und sucht etwas, das er in Brand stecken kann. Seit Jahren fläzt er sich im Regierungssessel, die Hände gerautet, und sondert Sprache ab, in der sich offenkundige Unkenntnis mit Menschenverachtung paart. Der Bundestag derweil, gewidmet "Dem deutschen Volke", ist zu einer Abnickbude verkommen.

Deutschland ist wieder der Pausenhofschläger. Es kuscht vor denen, die ihm stärker scheinen, so sehr, daß diese sogar selbst überrascht sind. Aber auf die, die wir als schwächer empfinden, auf die prügeln wir ein, selbst wenn sie leblos und blutüberströmt am Boden liegen. Solange sie noch Zeichen von Würde zeigen, von Selbstbestimmtheit, solange schlagen wir.
Berlin gehe es um Erniedrigung, nicht einmal die vollständige Kapitulation habe zur Genugtuung ausgereicht. Deutschland wolle nicht nur "einen Regimewechsel", sondern "die totale Demütigung".  (Quelle)
Die Hetzkampagne in der Politik, in den Medien und auch von unseren "führenden Köpfen" erweckte Erinnerungen an "Serbien muß sterbien" und stand unter dem Motto "Die Griechen müssen kriechen." Nur vollkommen Geschichtsvergessene hat es in den letzten Wochen nicht gegruselt, wann immer sie eine Zeitung aufschlugen, wann immer ein "Volksvertreter" den Mund aufmachte.

Erfolgsbilanz der Hilfspolitik
Das Ergebnis der Nacht vom 12. auf den 13. Juli 2015 ist eine Katastrophe, für Griechenland, für Europa und auch für Deutschland. Merkels "marktkonforme Demokratie" hat gesiegt. In der Europäischen Union herrscht nun offen das unangefochtene Primat von Kapitalinteressen. Das "scheue Reh", das Kapital, kann in Ruhe seine Gier stillen.
Was am Wochenende in Brüssel passierte, war die Rückkehr Europas zurück zu Machtgefügen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, in denen der Stärkere dem Schwächeren seinen Willen aufzwang. Es war nebenbei auch der Anfang vom Ende der Währungsunion. Sie ist zu einem festen System mit gemeinsamem Zahlungsmittel und ohne gemeinsamer Politik degradiert.
Das schreibt Münchau in seinem lesenswerten Artikel.

"Wir haben eine totale und uneingeschränkte Niederlage erlitten." Das ist ein Churchill-Zitat vom 5. Oktober 1938, und es trifft auch hier zu. Brüssel war ein offener Rachefeldzug, weil die griechische Regierung es gewagt hatte, Widerstand zu leisten. Er wurde gebrochen, brutal gebrochen, denn er wagte für Momente nicht zu kriechen, der Grieche. Wie kann er nur?

Der häßliche Deutsche. Maggie Thatcher hat vor ihm gewarnt. Die Antideutschen kriegen Schaum vorn Mund. Ich hab nur mit den Schultern gezuckt. Ich lag falsch, ich war naiv was schwäbischen Fundamentalismus angeht, preußische Arroganz und uckermärckische Verbohrtheit. Die deutsche Regierung hat mit Hilfe ihrer Satelliten ein Exempel statuiert, was mit jenen geschieht, die Alternativen suchen. Dieses Exemplum gilt auch dem Rest Europas. Und die BILD ist stolz auf Angie mit der Pickelhaube.

In Summe: Griechenland wird zum "Protektorat", wobei der Begriff ja schon stets das Gegenteil meinte. Es bekommt weiterhin Rhizinusöl verpaßt, obwohl die Wirtschaft Durchfall hat. Wir exerzieren diesen prozyklischen Mist mit einer Inbrunst die an einen religiös motivierten Amoklauf gemahnt, und Griechenland wird nicht mehr auf die Füße kommen. Die griechischen Verhandlungsführer quatschen sich das zwar in Hacha-Manier schön, aber das ist Pfeifen im Keller: Genausogut kann Griechenland jetzt vollkommen ins Chaos stürzen, denn nicht die ganze Linke wurde zerbrochen. Aber was immer sie tun, es wird schlimm für sie.

Vae victis, und besiegt wurden wir alle.

Είμαστε όλοι Έλληνες.
We are all Greeks.
Todos somos Griegos.
Nous sommes tous Grecs.
Siamo tutti greci.
Wir sind alle Griechen.

Entschuldigt mich jetzt. Ich muß in den Garten, eine Fahne einholen.




2 Kommentare:

Athair hat gesagt…

Dem ist wenig hinzuzufügen. Vielleicht außer, dass Europa massiv Schaden genommen hat und ich den IWF nicht mehr ernst nehmen kann:

http://www.afr.com/news/politics/world/has-the-imf-made-mistakes-in-greece-20150703-gi2npi

Und: Das Modell der plutarchischen Schein-Demokratie, das derzeit v.a. in Deutschland exerziert wird und seine häßlichen imperialistischen Fühler ausstreckt, ist eine Schande.

Anonym hat gesagt…

Hab nur 4 Unterschiede gefunden.

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