Dienstag, 14. April 2015

TSR-Klassiker - DL1 Dragons of Despair

(Alle TSR-Klassiker finden sich hier.)

Die neue Zeit brach heran im März 1984 mit der Veröffentlichung von Modul DL1 Dragons of Despair. Die alten Götter bäumten sich kurz darauf noch einmal auf mit dem Temple of Elemental Evil, doch trotz der Macht dieses Brüllens war das Alte zum Untergang verdammt, die Zeit des "simplen Dungeon Crawls" war vorbei.
I got assigned to a team that was supposed to develop a line of modules, each featuring a different dragon. But we didn’t want it to just be a ‘dragon-of-the-month’ club. (Tracy Hickmann)
Kein Dragon-of-the-Month - die Zukunft gehörte den epischen Geschichten mit Tragödie und Triumph, noblen Opfern, Verwicklungen, Wendungen und Verrat.

Bis heute hat die RSP-Welt wahrscheinlich kein besseres Design-Team am Werkeln einer Abenteuerreihe gesehen, als bei Dragonlance: Tracy and Laura Hickmann, Harold Johnson, Douglas Niles, Jeff Grubb und schließlich als lead artist Larry Elmore leisteten die Hauptarbeit dieses Epochenwerks. Seit 1982 arbeiteten die Hickmanns daran, in einer Abenteuerserie den Drachen ihre Majestät und ihren Schrecken zurückzugeben. Die Chronicles wuchsen an zum vielleicht erfolgreichsten Modulzyklus aller Zeiten, bestehend aus insgesamt zwölf Abenteuermodulen, einem Quellenband und einem Kriegsspiel

Das Abenteuer (Muß ichs sagen? Klar sind da Spoiler. Duh!)
You stand on the road east of Solace, tired from five years of adventuring, from a fruitless search for lost clerical magic. You know the old proverb that claims "You must return to find what you left to seek," but the saying never really made sense. Soon, however, it will.
For the world of Krynn is not the same: refugees stream out of the northernmost human lands, telling horrible tales. An invading army has burned their villages and put their families and friends to the sword. Among these stories you hear even darker rumors-that older evils, the dragons themselves, have returned to the world, for new and more terrible purposes.
"Dragon of Despair" is the first in TSR's series of Dragonlance adventures for use with the AD&D game system. Your players will adventure in the world of Krynn, visit strange places such as Haven or ruined Xak Tsaroth, and encounter the bizarre draconians and spectral minions. They can play the modules as a set of separate adventures or as a great quest that spans the entire Dragonlance story.
An adventure for characters Level 4-6.
Written by Tracy Hickman.
Da raunts nur so von großen Dingen, und was folgt wird nicht enttäuschen. Das Herz des Moduls ist eine Queste: Findet Mishakals Heilige Scheiben in der untergegangenen Stadt Xak Tsaroth und bringt den Völkern die Hoffnung, die sie jetzt brauchen werden, da der Krieg der Lanze beginnt.

Das Kapitel "The Road Travels East" erklärt für den DM auf einer halben (!!) Seite das Setting und dann werden wir in die Geschichte geschmissen. Kapitel 1 führt die "Helden der Lanze" zusammen (dazu später mehr), gibt ihnen die Queste und führt sie schließlich an den eigentlichen Schauplatz. Das Ganze geschieht auf schmalen acht Seiten. Geleitet wird der Teil als Hex-Crawl mit site-based Encounters, ergänzt um eine handvoll zeitlich stattfindender Ereignisse, die die Geschehnisse zuspitzen. Kapitel 2 behandelt die Umgebung der versunkenen Stadt Xak Tsaroth und die Kapitel 3 und 4 schließlich die versunkene Stadt selbst und den Drachenhort von Kisanth.


In den Anhängen finden sich - neben den üblichen magischen Schätzen, Zufallstabellen und neuen Monstern - auch Texte, die verraten, daß das Designteam von vorneherein auf tolkieneske Tief geht. Wir finden da auch den Hymnus der Drachen und Noten und Text von Goldmoon's Song. Nicht zu vergessen natürlich die Stats für die "Helden der Lanze" - acht Stück an der Zahl. Woraus Paizo für Pathfinder ein (wahrscheinlich kostenloses, sollte man dazu sagen) eigenes Supplement produzieren würde / müßte, erledigt man in AD&D 1 auf genau einer Seite. Für acht SC.

Das Material

Keine 128, keine 64, nein, 32 Seiten. F**k me blind! Jupp. All das also auf den modulüblichen 32 Seiten mit ein paar Zugaben. Das Heft liegt lose im dünnen Pappumschlag, dessen Innenseite die grandiose, isometrische Xak-Tsaroth-Karte von "Diesel" schmückt. Das Coverbild von Caldwell spoilert aber das wenigstens recht dynamisch. Die Innenillus sind von Jeff Easley und von durchwachsener Qualität. Alles in allem: Abgesehen vom neuen Dragonlance-Logo verrät die Aufmachung nix Revolutionäres.

Wie es sich spielt

Die Chronicles haben ja durchaus einen schlechten Ruf, als Dramagedöhns und Eisenbahnfahrt. Für die Kampagne als Ganzes ist das sehr oft zutreffend. Dragons of Despair für sich gesehen ist allerdings ein großartiges Abenteuer, dessen Old-School-Elemente den Löwenanteil ausmachen, zu einem zielgerichteten Ganzen verwoben. Wann und wie die Abenteurer, die noch gar nicht wissen, daß sie Helden sind, nach Xak Tsaroth gelangen, steht ihnen völlig frei. Dieser Teil des Abenteuers ist ein Hexcrawl mit nur sehr wenigen lenkenden Elementen, die sich zudem noch aus der Geschichte heraus entwickeln. Xak Tsaroth wiederum ist ein Dungeon Crawl reinstes Wassers mit knuffigen und bedrohlichen Begegnungen, einigen großartigen Setpieces (wie dem Gullydwarf-Aufzug), mystischen Erfahrungen und einem knackigen Endboss.

Es ist eine noble, gefährliche Queste, die zu jedem Zeitpunkt Spielern, die derlei episches Material zu goutieren wissen, Freude bereitet. Von der Ebene mit dem bedrohlichen Vormarsch der Drachenarmeen hin zu den unheimlichen Sümpfen, die Xak Tsaroth umgeben und schließlich der seltsam melancholischen untergegangenen Stadt selbst, ist es ein atmosphärisch dichtes, sehr old-schooliges Modul mit epischem Plot, der zumeist erspielt, nicht erzwungen wird. Einzige wirklich schlimme Ausnahme ist die erste Begegnung mit Khisanth, die dazu genutzt werden muß, an einem toten SC die Macht Mishakals zu demonstrieren.

Es zu leiten ist ein anspruchsvolles Ding: Die Ereignisse selbst sind in Hickmanns souveräner Art verfaßt: Hohe Informationsdichte, übersichtlich, trotzdem flott lesbar und nie langweilig. Erwähnte ich schon, daß das Ganze auf 32 Seiten stattfindet? Dieser knappe Platz macht es für den DM aber auch schwer. Von Beginn ist ihm klar, hier seine Spieler durch eine lebendige, von Legenden durchtränkte Welt voll komplexer Gefüge führt. Und alles, was er erhält, sind eine halbe Seite Einführung und ein paar Brocken im Text und im Anhang. Das war schon vor dreißig Jahren die Hölle. Wie das für moderne SL ausschaut, die die Form von Klohäuschen in ihren Regionalspielhilfen nachschlagen, mag ich mir nicht vorstellen.

Noch schlimmer finde ich die Zumutung für DM und Spieler, mit den gelieferten Charakteren spielen zu müssen, um vorgegebene interne und externe Konflikte zu etablieren, zu forcieren und gescripted aufzulösen. (yepp, Freunde Sturm Brightblade stirbt). Das war revolutionär im Ansatz und ein ungebremster Griff ins Klo. Merke: Nicht alles Neue ist auch gut. Ich hatte damals Tanis zugelost bekommen, und es kotzte mich an, mich später mit dieser infantilen Elfenschickse befassen zu müssen. Von der eingebauten Plotimmunität der SC, die wir bald spitz bekamen, fange ich gar nicht erst an.

Fazit

Ohne den Ballast der Gesamtkampagne ist das ein uneingeschränkt zu empfehlendes Modul. Das Design bietet intelligente, gut motivierte Begegnungen, eine pralle, wenn auch nur allerknappst angerissene Welt und aufregende Setpieces. Die Ereignisse haben epische Wucht, und alles ist aus einem Guß ohne zu sehr zu forcieren. Die Hickmann-Revolution hatte hier - nach Ravenloft - ihren Zenith bereits ein wenig überschritten, bevor sie aufgrund spezifischer Schwächen schließlich zu ihrer eigenen Karikatur verkommen sollte.

Wer es heute noch leiten will: Hier kann man es für 5 Dollar bekommen. Auf alle Fälle würde ich mich etwas über Krynn informieren, die vorgefertigten SC weglassen und die Plotimmunität aufheben. Und wer nach AD&D 2 spielt bzw. die damals updatete Version der Module verwendet, der möge darauf achten, daß 2nd Edition Drachen ein ganz anderes Kaliber sind als die der 1st Edition.

(In eigener Sache: Wenn ich mit den Klassikern durch bin, werde ich die Chronicles Modul für Modul besprechen inkl. Anregungen, wie man die GröKaZ vielleicht spielbar bekommen kann.)

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